Unverpackt Mainz expandiert
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Seit 2015 gibt es den Unverpackt-Laden in Mainz. Nach dem Umzug in die Heidelbergerfaßgasse nahe des Hauptbahnhofs im letzten Jahr, geht der Besitzer Majid nun den nächsten großen Schritt. In Kürze soll in Wiesbaden ein neuer Unverpackt-Laden an den Start gehen.
von Tom Albiez
Abdelmajid Hamdaoui, kurz Majid, hat mitten in Mainz ein kleines Paradies für Nachhaltigkeitsbewusste geschaffen, die sich im klassischen Supermarkt über das viele unnötige Plastik ärgern. Konsumenten, die bewusst Bio einkaufen und ihre eigenen Behältnisse mitbringen, um Müsli, Nudeln oder Mehl abzufüllen. Viele junge Leute kommen in seinen Laden, aber auch genauso ältere Menschen, die es früher gewohnt waren, im Tante-Emma-Laden einkaufen zu gehen.
2004 habe es die Initialzündung für den Unverpackt-Laden in Mainz gegeben, den Majid ein Jahrzehnt später in der Landeshauptstadt eröffnete. Es war ein Artikel in einer Zeitung über den Schriftsteller Colin Beavan aus New York, der ihn inspirierte. Colin Beavan und seine Frau krempelten ihr Leben radikal um, damit sie „zero impact“ auf die Umwelt haben. Dieser Selbstversuch mündete schließlich in dem Bestseller „Barfuß in Manhattan“.
Brot vom Vortag als Anfangsgeschäft
2012 gründete Majid den Laden „Brotposten“ in Mainz. Die Idee: Brot und Brötchen vom Vortag verkaufen. Bäcker, die sonst das Brot entsorgt hätten, brachten es stattdessen nun zu ihm. Majid konnte dadurch die Ware den Kunden zum reduzierten Preis anbieten und gleichzeitig einen Beitrag im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung leisten. Der Laden existierte bis letztes Jahr. Dann gab es keinen Bäcker mehr, von dem er das Brot erhielt.
Dafür widmet er sich nun allein seinem Unverpackt-Geschäft. Während er 2015 mit 280 Artikeln gestartet sei, wären es mittlerweile knapp 1.280 Produkte. 97 Prozent ist Bio. 100 Prozent sei schlicht unmöglich, da es manche Produkte wie etwa Meersalz nicht als Bioerzeugnisse gebe. Ein paar Produkte kommen direkt aus der Region, wie beispielsweise der Honig aus Hechtsheim oder die Milchprodukte aus Erbenheim.
Jeden Tag komme ein Wunsch nach Aufnahme einer weiteren Ware ins Sortiment herein, berichtet Majid. Er versuche die Wünsche zu berücksichtigen, jedoch sei es nicht immer so einfach, wie die Kunden es sich vorstellten. Die Ware soll schließlich in großen Verpackungen, möglichst plastikfrei, eingekauft werden. Sonst würde das Konzept des Ladens ad absurdum geführt. Aber am Ende des Tages sei es dann doch ziemlich schwer, einen Karton mit mehreren Hundert Kerzen ohne Plastikverpackung zu finden. Dieses Angebot suche er bis heute.
Bekanntmachung der Wiesbadener Adresse bei 2.400 Followern
Was den neuen Laden in Wiesbaden angeht, übt sich Majid ein bisschen in Geheimniskrämerei. Wenn er 2.400 Follower bei Facebook habe, werde er die neue Adresse verraten. Nur so viel darf man schon wissen: Der Laden werde etwa fast genauso groß sein wie der in Mainz und über ein gleiches Sortiment verfügen. Der Aufbau wäre allerdings anders. Eröffnung ist für Anfang/Mitte September angepeilt.
Ja, er wäre teurer als ein Discounter. Jedoch verbietet er sich diesen Vergleich, da die Umwelt- und Sozialbedingungen bei der Produktion und dem Bezug der Ware ihre Kosten haben. Mit Supermärkten könnte man hingegen preislich konkurrieren. Es habe zwei Testfamilien gegeben, die statt im Supermarkt bei ihm eingekauft hätten. Unter dem Strich habe die Familien mehr Geld beim Einkaufen im Unverpackt-Laden zur Verfügung gehabt. Aus einem einfachen Grund: Im Unverpackt-Laden füllt man sich nur so viel ab, wie man wirklich braucht. Das Geld steht also nicht in den Küchenschränken rum. Auf Plastik verzichten bedeutet aber grundsätzlich schon höhere Kosten in der Produktion. 80 Prozent seiner Ware wird in Kartonage oder Papier angeliefert, 20 Prozent in Plastik. Wegen des Migrationsschutzes, erläutert er. Komplett plastiklos ginge noch nicht.
Majid wünscht sich mehr Sensibilisierung durch Medien und Politik, um der Plastikflut zu begegnen. Er habe sehr bewusste Konsumenten, Selbstversorger sagt er. Es gilt, darüber nachzudenken, bevor man konsumiert. „Was macht das? Wo landet das Ding?“ Dann wäre schon viel getan.