Bunt, schrill und fernab des Mainstreams
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Sigrid Siewior liebt Chansons, Katzen und die Schauspielerei. 2014 gründete die ausgebildete Sängerin und Schauspielerin ihr Akzent Theater – und hält damit bis heute durch. Zeit, diese illustre Frau einmal zu portraitieren.
von Inken Paletta
Versteckt im alten Gewölbekeller in der Rheinstraße 60 befindet sich das Akzent Theater. Schon das Schaufenster mit den bunten Plakaten verrät: Wer Mainstream sucht, ist hier fehl am Platz. Inhaberin Sigrid Siewior ist ein Paradiesvogel wie aus dem Bilderbuch. Das spiegelt sich im Program, in der Wahl ihrer Outfits, aber auch in der lila Wandfarbe wider.
Illustrationen von berühmten Persönlichkeiten mit ihren Katzen von Michael Mathias Prechtl schmücken die Wände. „Ich liebe meine Perserkatzen Zorro und Garcia“, verrät Katzenfan Siewior. „Mein verstorbener Seelenkater Efeb war damals auf allen Tourneen mit dabei. In der Oper Vampuca am Staatstheater in Polen spielte ich die afrikanische Prinzessin und er den Löwen.“ Das Akzent-Theaterprogramm ist eine Mischung aus Komödien, Boulevard- und Musikstücken. „Ich führe bei fast allen Stücken Regie und spiele selbst mit.“ Nur bei der neuen Komödie „Der Nacktputzer,“ die Ende September Premiere feierte, spielt Siewior nicht die Hauptrolle. „Ich habe Josia Jacobi für das Stück „Manchmal muss man eben töten“ gecastet und dann bemerkt, er eignet sich auch perfekt für die Hauptrolle in „Der Nacktputzer“.“
Ein Leben so bunt wie ein Regenbogen
Siewior stammt aus Schlesien, hat aber auch deutsche Wurzeln. Sie liebt Chansons und Lieder wie „Mama Morton“ aus dem Musical „Chicago“. Ihre Leidenschaft fürs Singen entdeckte sie bereits als Kind. „Ich habe gerne im Treppenhaus Schlager geträllert und als ich im Kindergarten den in Polen damals verbotenen Schlager Schwarzer Kater Stanislaus sang, haben meine Eltern ganz schön Ärger bekommen“, erzählt sie. Als Teenager nahm sie Gesangsunterricht, gründete ihre eigene Band und begann mit 16 Jahren zu modeln. „Ich habe zum Beispiel Werbung für Damenstrümpfe gemacht.
Mein Vater hat beim Anblick der Fotos fast einen Herzinfarkt bekommen“, erzählt sie. Und weil sie unsterblich in den Gitarristen einer Thrashmetalband verliebt war, sang sie auch eine Zeit lang in der Band mit. Kurz vor dem Abitur tourte sie außerdem mit einer Bigband durch die damalige DDR. Ihr Schauspieldiplom machte sie in Warschau und gehörte vier Jahre zum Ensemble des polnischen Staatstheaters Zielona Gora. „In der Zeit absolvierte ich parallel auch eine klassische Gesangausbildung.“ Es folgten eine Musicalausbildung sowie Engagements auf zahlreichen großen Bühnen in Warschau, Hamburg, Berlin, Köln, Minsk und Bozen. „1992 kam ich nach Wiesbaden, um die Schauspielschule Genzmer zu besuchen und mein Bühnen-Deutsch zu verbessern.“ Noch im selben Jahr gab Siewior ihr deutsches Schauspieldebüt als Vera Fassbinder im Theaterstück „Tropfen auf den heißen Stein“ am Goethe Theater in Frankfurt. „Von Theaterengagements allein kannst du natürlich nicht leben. Daher habe ich damals auch in der Wiesbadener Disco Big Apple gekellnert.“
Aus Hollywood zurück nach Europa.
Durch Kontakte ihres Onkels in L.A., der die Finanzen für den amerikanischen Schauspieler Steven McQueen führte, öffneten sich für sie die Tore nach Hollywood. „Ich habe viele Promis kennengelernt, aber auch die Schattenseite dieser Glamourwelt“, erzählt sie. Als ihr Vater an Krebs erkrankte, kehrte sie nach Polen zurück. Auf der Zwischenlandung in Frankfurt dachte ich: „Ich gehöre nach Europa und kehre nie wieder in die USA zurück.“ In ihrer Erlebniskomödie „(Ehe)-Leben ist kein Wunschkonzert!“ hat sie die Erlebnisse aus der Amerikazeit verarbeitet. Neben den Engagements für verschiedene Theater, Musicals und Filmproduktionen, begann sie nach ihrer Rückkehr nach Europa Schauspielunterricht und Theaterworkshops zu geben. 2014 gründete sie ihr Akzent Theater. „Eigentlich suchte ich nach Räumlichkeiten für den Schauspielunterricht und das Coaching. Aber als ich den Gewölbekeller sah, wusste ich, das ist die perfekte Location für mein Theater!“ In Eigenregie und mit Hilfe von Freunden renovierte sie die Kellerräume, nähte selbst die Vorhänge.
„Auch die Pressearbeit, die Gestaltung der Flyer und Plakate mache ich ganz allein. Das Kulturamt druckt mir das Werbematerial“, freut sich Siewior über die Unterstützung. Einmal im Monat können junge Künstler auf der offenen Bühne ihr Können präsentieren und das Theater kann auch für private Events wie Geburtstage, Junggesellenabschiede oder Hochzeiten gebucht werden. „Auf Wunsch übernehme ich auch die gesamte Organisation und das Catering“, so Siewior.
WTF: 17. November: Nächster Katzentreff für Katzenliebhaber und alle Fans der Schmusetiger
11. Januar 2020 (zum sechsjährigen Jubiläum): Premiere des Stückes „Kleine Eheverbrechen“ von Eric Emanuel Schmitt
Weitere Informationen zum Theater und aktuellen Programm unter akzent-theater.de