Frühlingserwachen
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von Julia Paszczella
Die ersten warmen Sonnenstrahlen locken uns aus den Häusern und damit auch aus unserem metaphorischen, prähistorisch anmutenden Winterschlaf. Mit uns erwachen auch unsere Hormone. Die können besonders in der Frühlingszeit mal verrücktspielen. Plötzlich sieht man sie: Nur noch Pärchen, die Hand in Hand durch die Straßen laufen, gemeinsam Eis essen, händchenhaltend Fahrrad fahren (echt jetzt?!). Doch was ganz unschuldig mit einem geselligen Stell-Dich-Ein beim Marktfrühstück anfängt, wird schnell zur pulsierenden, hormonellen Entgleisung. Aber leider nicht daheim, nein! Sondern in der Kneipe am Tisch direkt vor der Bar. Peep-Show für umsonst quasi. Meine Kollegen und ich waren extrem entzückt. Und die Beiden haben wirklich alles gegeben! Anfangs war es noch irgendwie lustig, aber das ging schnell in Fremdschämen und leichten Würgereiz über. Die beiden verschmolzen förmlich miteinander, Hände fanden ihren Weg unter den Rock oder sonst wo hin, Zungen wirbelten wild durcheinander und die Funken flogen. Wir Kollegen waren einer andauernden, unästhetischen Reizüberflutung und Penetration unseres Kopfkinos und der letzten Bestellung vom Tisch nebenan ausgesetzt: „Ok Mist, hier hab ich noch einen Cocktail vergessen, ein Bier geht noch an diesen Tisch und … OOOOH mein Gott was macht der Typ da mit seiner Hand?!“ Die Konzentration ging flöten. Den Vogel schossen die zwei ab, als sie sich sehr eilig aus dem Staub machten, ohne zu zahlen. Vermutlich wollten sie so schnell wie möglich doch an einen ungestörten Ort, jetzt, wo die Motoren wirklich auf Hochtouren liefen, und Publikum fanden sie dann wohl doch nicht so geil. Die Dame hatte glücklicherweise noch ein Paar ihrer Kleidungsstücke am Tisch liegen lassen, wodurch ich ihr Fehlen bemerkte und sie draußen noch abfangen konnte. Beschämt zahlten Sie ihre Getränke, aber für Trinkgeld fehlt ihnen leider die Zeit. Die Lenden brannten lichterloh …