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Kultur

Als vegan noch punk war

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Vor zwanzig Jahren, lange, bevor die ersten Hipster Tofu aus Bowls löffelten, wurde in Mainz ein veganes Kochbuch veröffentlicht – der Beginn der Erfolgsstory des Ventil Verlags, der sich eigentlich der Popkultur verschrieben hat.

von Ingo Bartsch

Es gab einmal eine Zeit, da war „vegan“ noch etwas völlig Abseitiges. So etwas wie ein veganes Restaurant war selbst in Großstädten undenkbar, und heutzutage häufig mit Veganismus verknüpfte Modebegriffe wie Achtsamkeit oder Nachhaltigkeit sollten erst viele Jahre später in den Sprachgebrauch einziehen. „Damals wurde Veganismus noch nicht mit Yoga verknüpft, sondern fand sich eher in der Punk- und Hardcoreszene“, erinnert sich Ingo Rüdiger. Rüdiger ist nicht nur Chef des Mainzer Literaturbüros. Er ist auch einer der Köpfe hinter dem Ventil Verlag, der in der Mainzer Boppstraße sein Hauptquartier hat, im April zwanzig Jahre alt wird und der vor allem als Popkulturverlag bekannt ist. Wer käme darauf, dass ein Verlag, der Bücher über Punk in der DDR oder die politische Dimension der Pet Shop Boys herausbringt, einen großen Teil seines Umsatzes mit veganen Kochbüchern macht …

Kochen ohne Knochen für Popkulturbücher

Doch natürlich ist Veganismus, wie oben schon angedeutet, eben auch ein Teil der Popkultur. Ende der Neunziger, als es noch Punks und Hardcoreler waren, die sich vegan ernährten, erschienen im Ox Fanzine regelmäßig vegane Rezepte. Der Ventil Verlag leistete damals Pionierarbeit und publizierte das erste von fünf Ox-Kochbüchern, Untertitel: Kochen ohne Knochen. Bis heute hat der kleine Verlag über 100.000 der Ox-Kochbücher verkauft, der erste Band ist inzwischen in der elften Auflage erschienen. So subventionieren die veganen Ratgeber die Popkultursachbücher und die belletristischen Werke.

Ein weiteres Aushängeschild des Ventil Verlags sind die Testcard-Magazine, in denen aktuelle popkulturelle Themen in Aufsätzen behandelt werden. Bis dato sind 26 Ausgaben erschienen. Das Wort Magazin weckt womöglich falsche Vorstellungen, denn es handelt sich tatsächlich um Bücher, die um die 300 Seiten stark sind. Der Mitbegründer der Testcard-Reihe und einer der bedeutendsten deutschen Popkulturjournalisten, Martin Büsser, verstarb 2010 mit nur 42 Jahren. „Martin fehlt nicht nur uns hier im Verlag“, sagt Jonas Engelmann, wie Rüdiger im Verlag für „alles außer Grafik“ zuständig. „Er war immer eine Schnittstelle zu unseren Leserinnen und Lesern, weil er viel rumgereist ist, jährlich um die fünfzig Lesungen gehalten hat. Und er war einer der wenigen, die unzensiert geschrieben haben.“

EA80 zum Zwanzigsten

Neben Martin Büsser sind weitere bekannte Namen mit dem Ventil Verlag verbunden, etwa der Punkliterat Jan Off oder der Popjournalist Linus Volkmann, dessen neuestes Buch Sprengt die Charts! Wie werde ich Popstar (und warum)? im aktuellen Frühjahrsprogramm zu finden ist. Am 25. April stellt Volkmann sein Werk im Mainzer KUZ vor – eine von diversen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr. Das große Geburtstagskonzert gibt schon am 6. April die legendäre Punkcombo EA80, ebenfalls im KUZ. Weitere Events werden folgen – ein Blick in unseren Terminkalender wird sich also ebenso lohnen wie der ins Programm des adoleszenten Mainzer Kleinverlags – eine schillernde Sammlung popkultureller Abhandlungen, garantiert frei von Tierprodukten.

 

Wir verlosen 3×1 Exemplar von Linus Volkmanns „Sprengt die Charts! Wie werde ich Popstar (und warum)?“, KW *Linoleum als Betreff per Mail mit euren Kontaktdaten an losbude@stuz.de.

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