Smarter ohne Phone unterwegs
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Für Mainzer Smombies wird es teuer: Ordnungsamt stellt neue Smartphone-Regelung für Fußgänger (SmaRF) vor.
von Rebecca Höfer
Wer sich ab 1. Juni mit dem Blick aufs Handy durch Mainzer Fußgängerzonen bewegt, läuft Gefahr vom Ordnungsamt verwarnt zu werden. Ab dann gilt hier nämlich das Prinzip: „Don’t Text and Walk.“ Mit Verabschiedung einer Smartphone-Regelung für Fußgänger (SmaRF) können in den Zonen nicht mehr nur Wildradler belangt werden – auch den tippenden Smartphone-Zombies (sogenannten Smombies) geht es an den Kragen. Laut SmaRF ist „die Fortbewegung während der Nutzung eines Mobiltelefons mit erweitertem Funktionsumfang und einem komplexeren Betriebssystem gegenüber herkömmlicher Telefone (zum Beispiel Symbian OS, Blackberry OS, iPhone OS), das eine Installation diverser Zusatzdienste wie E-Mail, Internet oder Navigation ermöglicht“ untersagt. Welche konkreten Handy-Formate betroffen sind, können auf der Webseite des Ordnungsamtes eingesehen werden. Ausgenommen sind „Telefonate, die über Headset laufen, und der Blick in Laufrichtung geht“.
Ein erster Regelentwurf wurde vor einem Jahr bereits an zwei Mainzer Standorten mehrere Wochen lang erfolgreich getestet (STUZ berichtete), nun hat sich die Stadt mit absoluter Mehrheit zu einer Aufnahme in die Straßenverkehrsordnung (StVO) entschlossen. Um die lückenlose, flächendeckende Umsetzung zu garantieren, stellt das Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung hierfür eigens ausgebildete Ordnungsbeamte in Zivil zur Verfügung, die in betreffenden Zonen patrouillieren werden. „In Zeiten von Pokémon Go und immer mehr aufkommenden Virtual Reality-Angeboten sehen wir es als unsere Aufgabe, die Bürger*innen im Alltag unter anderem auch vor sich selbst zu schützen“, so die offizielle Stellung der Stadt. Die gefüllten Wartezimmer der Notfallambulanz des Universitätsklinikums Mainz bestätigen den Trend zu „Smartphone-Unfällen“. „Besonders das Kopfsteinpflaster in der Augustinerstraße ist für den ein oder anderen zur verhängnisvollen Stolperfalle geworden – mache kommen noch mit einer Beule und dem Schreck davon, in den schlimmsten Fällen hatten wir hier auch schon Schädel-Hirn-Traumata“, so ein leitender Oberarzt. Der Vorschlag einer „Fußwegbetonierung aller begehbaren Straßen im Stadtinnenraum“ läge dem Stadtrat zwar schon vor, jedoch könne dies aus finanziellen und Denkmalschutz-Gründen voraussichtlich nicht vor 2022 in Betracht gezogen werden. Weiterhin wurden Stimmen anliegender Geschäftsinhaber*innen laut: „Niemand beachtet mehr die Schaufensterausstellungen“, so die Besitzerin einer kleinen Boutique am Rande der Mainzer Altstadt. „Wenn man nicht auf Google Maps verzeichnet ist nimmt einen ja heute niemand mehr wahr.“ Ob die Durchsetzung der neuen Regelung dem Sterben des Mainzer Einzelhandels entgegenwirken kann, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass der automatische Griff zum Smartphone während des Laufens teuer werden kann: 60 Euro bei Erstverwarnung, bei jeder weiteren Missachtung wird ein Bußgeld von 90 Euro fällig – eine zweite Verwarnung innerhalb der ersten halben Stunde kostet sogar 120 Euro. „Wir hatten ein Verwarn-System – ähnlich dem Flensburger Punktesystem – in der Probephase getestet, allerdings konnte sich das nicht durchsetzen. Es wurde einfach nicht ernst genommen“, rechtfertigt das Mainzer Ordnungsamt die hohen Strafbeträge. Es wird in Zukunft wohl günstiger sein, einfach schwarz mit dem Bus zu fahren…
Internationale Vorbilder
Neu ist die Idee einer Regelung der Smartphone-Nutzung im Fußgängerbetrieb übrigens nicht. In Augsburg und dem holländischen Bodegraven wurden bereits Ampelsysteme mit Leuchtstreifen auf dem Boden getestet. In China existieren seit 2014 sogenannte „cellphone lanes“ für Smartphone-Nutzer*innen. Als Vorbild dient dem Mainzer System die seit Juli 2017 in der hawaiianischen Stadt Honolulu geltende Bill for an Ordinance Sec. 15-24.23, in der es heißt: „No pedestrian shall cross a street or highway while viewing a mobile electronic device.“