Miesepeter Vergnügungssteuer
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Die Stadt Mainz zieht den Ärger einiger Veranstalter und Clubbetreiber auf sich. Der Grund ist eine Steuer, die es in sich hat – die Vergnügungssteuer. Bei Tanzveranstaltungen müssen zwanzig Prozent vom Eintrittspreis abgedrückt werden. Gastronomen und Selbstständige fühlen sich abgezockt und ungleich behandelt.
von Jonas Julino
Das Vergnügungssteuergesetz regelt auf kommunaler Ebene die Abgaben für Tanz- und Filmvorführungen mit sexuellem Inhalt (Prostitutionssteuer) und für Glücksspielautomaten (Automatensteuer). Auch Eintrittskarten für Tanzveranstaltungen werden besteuert. Steuerzahler ist der Besucher. Der Veranstalter selbst ist für die Erhebung und die Entrichtung der Steuer verpflichtet. Wird kein Eintritt genommen, muss eine Pauschale, bemessen an der Raumgröße, abgegeben werden. Größtes Ärgernis der Betroffenen in Mainz: Neben beispielsweise Dortmundgibt es hier mit zwanzig Prozent einen der höchsten Steuersätze in ganz Deutschland. Die meisten Kommunen verzichten ganz auf die Abgabe.
Fastnachtsvereine und AstA sind befreit
Die (fast) MAINZigartige Steuer stößt auf immer mehr Unmut. „Neben der Kartensteuer müssen noch 19 Prozent Mehrwertsteuer und zehn Prozent GEMA-Gebühren abgezogen werden. Das macht nach Adam Riese fast fünfzig Prozent Abgaben auf eine Eintrittskarte. Dazu kommen noch Sonderkosten wie Künstler, Türsteher und Raummiete oder Technik. Da bleibt am Ende nicht viel hängen“, berichtet der selbstständige DJ Michael. Sein Name soll geheim bleiben und wurde deshalb geändert. Der Pressesprecher der Stadt, Ralf Peterhanwahr, erklärt auf Nachfrage der STUZ, dass die Steuer „bei der Höhe des Eintrittspreises einkalkuliert werden muss“. Letztlich müsse der Besucher beurteilen, ob er an der Veranstaltung teilnehme oder nicht, so Peterhanwahr.
Klubbesitzer Roman (Name von der Redaktion geändert) möchte ebenso anonym bleiben: „Mich nervt die ungleiche Behandlung. Wir Veranstalter werden kräftig zur Kasse gebeten und müssen unter dieser Politik leiden. Fastnachtsvereine oder beispielsweise der AStA sind als Vereine beziehungsweise Körperschaften des öffentlichen Rechts von der Steuer befreit.“ Die Stadt verweist auf das Recht zu entscheiden, wem „die Wohltat einer Steuerbefreiung zu Gute kommt“. Sie sehe keine Gründe, die Befreiungsregelung abzuschaffen. Weiter moniert Roman die Intransparenz: „Wir wissen ja gar nicht, was mit dem Geld passiert.“ Darauf hat die Stadt eine klare Antwort. Das Geld komme als Konsolidierungsbeitrag zum kommunalen Entschuldungsfonds zu Gute. 2017 waren es rund 180.000 Euro, die von 49 Veranstaltern kommen.
„Dann wird Mainz zur Spaß-Einöde“
Eine „Mittelaltersteuer“ nennt Ersin Akgül die horrende Abgabe. „Wir können doch Prostitution und Glücksspiel an Automaten nicht mit kulturellen Tanzveranstaltungen gleichsetzen.“ Der Mitbegründer des Künstlerkollektivs Verboten möchte mit seinen Events die kulturelle Vielfalt stärken und fühlt sich hintergangen: „Die Verantwortlichen profitieren von einer lebendigen, vielfältigen Stadt. Wenn sich die Situation nicht ändert, haben wir nur noch Fastnacht und die Feste der Stadt. Das möchte auch niemand. Dann wird Mainz zur richtigen Spaß-Einöde.“ Zum Vergleich: Frankfurt und Wiesbaden erheben keine Kartensteuer. Akgül weiter: „Man sieht, dass es auch ohne diese Steuer geht. Für uns lohnen sich Veranstaltungen in Mainz kaum. Wir möchten trotzdem unseren Wurzeln treu bleiben und hier Events ausrichten.“
Trotz aller Kritik sind sich Roman, Ersin und Michael einig: Die Steuer sei an sich nicht falsch. Fünf Prozent, die alle Veranstalter zahlen und eine Gewissheit, dass die Abgaben in Richtung kultureller Projekte fließen, wäre eine faire Lösung. Die Stadt Mainz reagiert auf solche Vorschläge mit Ablehnung: „Ein Entgegenkommen ist nicht vorgesehen. Auf Steuereinnahmen kann nicht verzichtet werden.“