Wenn sich die Energie im Raum verteilt
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LIN kommt zurück! Nachdem die Neu-Berlinerin bereits Ende September das schon schön zum kochen gebracht hat, ist am 3. März der Schlachthof an der Reihe. STUZ hat sich mit der Solokünstlerin mit Mainzer Vergangenheit über energiegeladene Auftritte und reduzierbare Songs unterhalten.
Interview: Konstantin Mahlow
Linda Bender war acht Jahre lang Teil des Duos „Bender und Schillinger“, bevor sie 2019 ihr Soloprojekt „L I N“ startete. In Rheinland- Pfalz wurde sie auf ihrem Werdegang unter anderem von der Initiative pop rlp unterstützt, dank derer sie 2020 ihre Debüt-EP „Colours“ veröffentlichen konnte. 2023 erschien das Album „Gradient“. Die Multi-Instrumentalistin wird oft als Solo-Band bezeichnet: Gitarre, Bass, Synthesizer, Drums und Vocals spielt und singt die Mitte 30-Jährige allesamt alleine ein und baut daraus mit ihrer Loop-Station komplexe und vielschichtige Songs. LIN macht Elektro- Pop, der kaum ein Paar Füße still stehen lässt. Die beatlastigen Arrangements der queeren Künstlerin tragen auch einen gesellschaftskritischen Appel mit sich: Die Zerschlagung alter Normen und die Schaffung neuer. Für STUZ hat LIN aus ihrem Urlaub mit uns telefoniert.
STUZ: LIN, wie war es, nach Mainz zurückzukehren?
LIN: Auf jeden Fall positiv, ich kenne so viele gute Leute hier. Immerhin habe ich hier 15 Jahre lang gelebt.
Bis 2018 hast du in dem Duo Bender & Schillinger gespielt, seit 2019 bist du solo unterwegs. Hattest du diesen Schritt schon länger geplant?
Das hatte sich eher so ergeben. Ich weiß noch, dass ich damals auf einem Tash Sultana-Konzert war und dachte, wow, man kann wirklich auch alleine gute Musik machen. Daraufhin habe ich dann mit einem Kumpel mein Set zusammengebaut.
Ist es einfacher, als Solokünstlerin keine Kompromisse eingehen zu müssen, oder ist es schwieriger, weil man sich ständig selbst bewerten muss?
(lacht) Es ist beides! Auch wenn ich Musik als LIN mache, arbeite ich immer mit einem Produzenten zusammen. Ganz ohne Kompromisse geht es also nicht und Feedback von außen ist sowieso wichtig. Mein Leben lang hat Musik eigentlich immer im Gruppenverbund stattgefunden. Etwas alleine zu machen hat seine tollen Seiten, kann aber auch langweilig werden.
In deiner Musik kann man, wenn man so will, einen gewissen Dualismus erkennen: Sie ist sowohl synthetisch als auch organisch, auf der einen Seite regt sie zum tanzen, auf der anderen zum nachdenken an. Wie bist du zu deinem jetzigen Sound gekommen?
Ich hatte schon immer Bock auf Beat gehabt und wollte irgendwann weg von der Art Indie-Folk, die wir bei Bender und Schillinger gemacht haben, mehr zum Elektro hin. Später habe ich dann auch angefangen mehr elektronische Musik zu hören und mich damit auseinander zu setzten. Dass in meiner Musik eine politische Message steckt, nehme ich mir ehrlich gesagt gar nicht bewusst vor, das passiert automatisch. Es geht um Themen, die mich im Alltag beschäftigen, und da gehört das einfach dazu. Es darf auch nicht zu pädagogisch werden, die Musik kann nicht bloß eine Hülle für eine bestimmte Nachricht sein. Sie muss auch für sich stehen.
Auf Instagram zeigst du, wie deine Songs entstehen. Hat sich der Prozess als Solokünstlerin verändert?
Früher habe ich die Songs immer als erstes auf der Gitarre komponiert. Mittlerweile habe ich zwar auch zwei, drei Songs, die komplett am PC entstanden sind, aber bis heute fängt es meistens damit an, dass ich auf der Gitarre ein bisschen rumprobiere. Danach kommt das drum herum und die Lieder werden ständig neu arrangiert. Ich finde es irgendwie auch wichtig, dass einem Song etwas innewohnt, dass man ihn auf ein Instrument wie die Gitarre reduzieren kann und er trotzdem noch funktioniert.
So wie auf den Wohnzimmer-Konzerten, auf denen du nur mit der Akustik-Gitarre aufgetreten bist?
Genau! Und das hat super funktioniert. Wir haben das schon mit Bender und Schillinger gemacht: Sich ins Innere, ins Gemütliche zurückziehen und kleinere Auftritte spielen. Obwohl die Wohnzimmer zum Teil ziemlich groß waren, mit 50 oder 60 Leuten.
Zum Glück sitzt du aber nicht immer nur mit der Gitarre auf dem Sofa. Wenn du dein Set spielst, bist du dafür bekannt, mit deiner Bühnenpräsenz das Publikum komplett mitzureißen. Musstest du das als Solokünstlerin erst lernen?
Ich musste auf jeden Fall lernen, so einen Abend auf der Bühne allein zu gestalten. Die Energie auf das Publikum zu übertragen ist für mich das Wichtigste überhaupt. Ich habe immer den Ansporn, den Raum aufzuladen. Das klappt manchmal besser oder schlechter, aber ich habe immer wahnsinnig viel Spaß dabei. Und wenn sich die Energie im Raum verteilt, ist es einfach etwas Besonderes. Ich habe dann das Gefühl, das Musik wirklich etwas bewegen kann.
Nicht vergessen: LIN kommt am 3. März in den Schlachthof. Tickets in den üblichen Verkaufsstellen.
Foto: Capadol