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Gesellschaft

Ein Land zum Heiraten

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Vor Verfolgung in der Heimat geflohen, sehen sich viele Geflüchtete in Deutschland mitunter mit juristischen Problemen konfrontiert. Hier setzen die Nachwuchsjuristen vom Refugee Law Clinic e.V. an – und tun sogar noch mehr. Foto: Daniel Dornhöfer

von Nadine Tannreuther

Es ist so eine Erleichterung, endlich in einem Land zu leben, in dem wir heiraten können, wen wir wollen“, sagt Hamid (23) aus Afghanistan, und sein Partner Usman (23) aus Pakistan nickt. In einem Bus in Deutschland haben sich die beiden das erste Mal getroffen. „Jeder, der schwul, lesbisch oder bi ist, hat ein besonderes Radar für andere Homosexuelle in seiner Umgebung. Durch Zufall saßen wir im Bus nebeneinander. Usman hat mich angesprochen und gefragt, woher ich komme. Aus Angst meinte ich zuerst, ich sei Iraner. Kurz darauf telefonierte er und erzählte seinem Gesprächspartner, dass er neben einem Schwulen sitzen würde. Also sagte ich zu ihm: Hey, ich spreche auch Urdu! Später ist er mit seinem Kopf auf meiner Schulter eingeschlafen“, erzählt Hamid. In Afghanistan gibt es keine Möglichkeit, gleichgeschlechtlich zu heiraten. Zum einen ist es nach der islamischen Kultur verboten und zum anderen wird es von der Gesellschaft absolut nicht akzeptiert. Deswegen haben sich beide dafür entschieden, die Heimat zu verlassen. Usman beschreibt sein bisheriges Leben wie folgt: „In meiner Kindheit durfte ich nie zur Schule gehen. Das war einfach nicht üblich bei uns. In Pakistan kann man einfach arbeiten, es kommt nicht darauf an, ob man einen Abschluss hat oder nicht, noch nicht mal ob man lesen und schreiben kann. Das ist einfach nicht wichtig bei uns.“ Doch Hamid ist zuversichtlich: „Bisher haben
wir hier keine schlechten Erfahrungen gemacht. Zumindest nicht deswegen, weil wir Flüchtlinge sind. Aber wegen unserer Homosexualität schon einige. Dabei sind es nicht die Deutschen, die ein Problem damit haben, sondern die anderen Flüchtlinge, sowohl in den Unterkünften als auch auf der offenen Straße. Am liebsten würden wir jetzt schon zusammenziehen, aber das Sozialamt will, dass Usman noch in der Unterkunft wohnen bleibt. Eigentlich müsste sein Sozialarbeiter ihn dabei unterstützen, dass er öffentlich schwul ist. Aber die machen einfach nichts. Eines Tages werden wir trotzdem in eine gemeinsame Wohnung ziehen können.“

Vertrauen schaffen & unterstützen

Viele geflüchtete Menschen kommen verängstigt in Deutschland an, verstehen die Sprache kaum und sind auf vertrauenswürdige Unterstützung angewiesen. Der Refugee Law Clinic Mainz e.V. (RLC), ein gemeinnütziger Mainzer Verein der Geflüchteten kostenlose Rechtsberatung in Asyl- und Ausländerrechtsfragen anbietet, gibt diesen Menschen Halt: „Wir wollen Integration betreiben und das Leben vereinfachen, um einen positiven Schritt hin zu einer freundlicheren Gesellschaft zu machen“, so der 1.Vorsitzender Tonio Friedmann. Angefangen im Jahr 2016 mit zwanzig Gründungsmitgliedern, sind heute mehr als achtzig Menschen für den Verein aktiv und haben seit April 2017 rund 100 Mandate übernommen. Ziel ist es, bekannter zu werden um mehr Ge
flüchteten Hilfestellung leisten zu können und zu wachsen. Dazu dient zum Beispiel das jährliche Sommerfest auf der Biowiese der Uni Mainz. „Wir nutzen das Fest, um alle, die irgendwie an dem Verein beteiligt sind in entspannter Runde zusammenzubringen, also die Vereinsmitglieder, die Berater, die Dolmetscher et cetera“, sagt Katharina Veit, Pressesprecherin des RLC Mainz.

Zeig Uns Deine Geschichte!

Unter dem Motto „Zeig Uns Deine Geschichte! Flüchtling? Mensch!“ entstand eher zufällig ein Fotobuch-Projekt des Refugee Law Clinic Mainz e.V in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Fotografen Daniel Dornhöfer. Die Hälfte des Gewinns geht dabei an den Verein: „Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, sollen hier die Möglichkeit haben, über ihre Erlebnisse, Träume, Erwartungen und Enttäuschungen zu reden. Ich möchte mit diesem Projekt die Kluft überbrücken, die zwischen den Flüchtlingen und den Einwohnern Deutschlands herrscht und zeigen, dass wir gar nicht so verschieden sind.“

Refugee Law Clinic Mainz e.V.: facebook.com/rlcmainz und rlc.uni-mainz.de

Fotobuch-Projek: facebook.com/FluechtlingMensch

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