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Mainz

Wunschwurm wühlt auf!

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Zwei Mainzer Studentinnen erfinden den Wunschwurm. Der kann ganz einfach Wünsche erfüllen. Und ist dabei nicht nur gerecht, sondern sorgt dafür, dass jeder und jede damit etwas Gutes bewirken kann.

von Michael Süss

Für Lea Bell und Mona Sauter ist aus einem Seminar in ihrem Studiengang „Zeitbasierte Medien“ nun eine richtig ernste Aufgabe erwachsen. „Wie gerecht ist gerecht?“ lautete die Fragestellung zu der eigentlich nur eine attraktive Werbung entworfen werden sollte. Doch das Thema hat die beiden jungen Studentinnen, beide Mitte zwanzig, gepackt. Inzwischen ist aus der gesellschaftlichen Fragestellung ein gemeinnütziger Verein, der Wunschwurm e. V., geworden, eine Plattform für Wünschende und Schenkende.

Zunächst ist da der Wünschende, der einen Wunschzettel schreibt, händisch, und den dann in einen der innerhalb der drei mitwirkenden Einrichtungen aufgestellten Wunschkasten wirft. Der Wunschwurm e. V. arbeitet in Mainz mit der „Wohnungslosenhilfe Thaddäusheim“, dem „Kinderhaus Blauer Elefant“ und der „Mission Leben Evangelische Wohnungslosenhilfe Mainz“ zusammen. In diesen drei Einrichtungen stehen diese Kästen, in denen bisher weit über 100 Wünsche gelandet sind. Alle drei sozialen Einrichtungen kümmern sich um Menschen, die keine finanzielle oder mentale Stabilität besitzen und für die der kleine Wunschzettel eine hoffnungsvolle Chance bietet.

Die Wünsche werden dann eins zu eins auf der Homepage des Wunschwurm e. V. veröffentlicht. Dort lassen sich die Wünsche durchstöbern. Anhand der Handschrift oder der Wünsche lassen sich mehr oder weniger Aussagen zu Personenkreis, Geschlecht, Alter treffen. Viele der Wünschenden begründen auch warum sie etwas Bestimmtes haben möchten, schreiben mitunter formell: „Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist …“, andere fassen sich sehr kurz: „Spannbettlaken 160x200cm“. Mag man jemanden beschenken, klickt man auf „hab ich“ und meldet sich mit Geschenk an. Das bringt man innerhalb von sieben Tagen an die entsprechende Einrichtung oder an die Papierund Stiftecke in der Mainzer Boppstraße 9, von wo aus es weitergeleitet wird. Auch wenn das gesamte System von Wunschwurm vielleicht umständlich wirkt, so wirkt es auf der anderen Seite auf erfrischende Art auch verbindend. Schenken ist nicht loswerden, das ginge anders einfacher und sicher könnten auch die Wünsche- Steller andere, einfachere Wege gehen. „Das Ziel ist“, so Lea Bell, „durchaus emotionale Bindungen zu schaffen. Danke sagen ist anonym möglich und wenn beide Seiten es wollen, auch das Kennenlernen.“

Geschenke und Beschenkte müssen ebenso zusammenkommen wie auch die Homepage gepflegt werden muss. Das Digitale und Rationelle ist ja bewusst reduziert!

„Ich hätte nicht gedacht, dass es alles so mega aufwendig werden würde, inzwischen aber ist es als Soziale Skulptur Thema meiner Masterarbeit.“ Mit anderen Worten geht es Lea und Mona nun darum, mit ihrem Wunschwurm förderlich in die Gesellschaft hineinzuwirken. Schließlich ist es in der Gesellschaft um uns herum keine Selbstverständlichkeit, sich jeden kleinen Wunsch zu erfüllen. Der Teil der Menschen, der sich etwas vermeintlich Übliches schlicht nicht leisten kann, ist größer als der „Normalo“ es im täglichen Leben wahrnimmt! Ein Besuch mit der kranken Katze beim Tierarzt, ein bunter Fußball des Lieblingsvereins und sei er nur aus Plastik oder die vielen Wünsche, die um das Recht der Teilhabe am Geschehen gehen: das Handy, das Fahrrad oder der Rucksack. Mobilität und Kommunikation sind im 21. Jahrhundert Grundbedürfnisse, ohne die der gesellschaftliche Ausschluss oder Anschlussverlust droht. So wie die Tafel agiert, durch Spenden, und es besser wäre, sie wäre erst gar nicht notwendig, so ist auch der Wunschwurm auf Spendende angewiesen. Es geht darum, die Gerechte Teilhabe im Kleinen voranzutreiben, im Einzelfallmodus sozusagen.

Momentan wird der Verein getragen von seinen sieben Mitgliedern und einem kleinen Kreis Personen drumherum. Ernüchternd war es für die beiden Gründerinnen bisher, Fördermittel für die Infrastruktur zu erhalten. „Wir sind kein Startup und auch kein Kulturbetrieb, daher gibt es nichts aus deren Fördertöpfen für Wirtschaft und Kultur“, zieht Lea ernüchtert ein Fazit. Immerhin kamen bei einer Start-Next-Kampagne 1520 Euro zusammen. Das Geld wird helfen, die Homepage zu verbessern und hoffentlich bald weitere Einrichtungen aufzunehmen, damit deren Wünsche erfüllt werden können. Natürlich freut sich der Wunschwurm e. V. über rege Teilnahme, Schenkende und frische, tatkräftige Mitarbeiter:innen, weswegen man ab und an wenigstens mal auf die Seite schauen sollte. Wer den Verein seinerseits mit Spenden versorgen mag, ist natürlich ebenso herzlich willkommen


WTF
wunschwurm.de

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