Allein auf weiter Flur
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Was kreucht und fleucht im STUZ-Gebiet? Wilde Tiere vor der Haustür, Teil 30: Der Fasan
von Konstantin Mahlow
Auf manchen der Felder und Wiesen im STUZ-Gebiet, die noch nicht vollständig in überdüngtes Ackerland verwandelt wurden, kann er uns noch erschrecken: Ein mit lautem Flügelschlag und schrillem Geschrei auffliegender Fasan, der zuvor noch unsichtbar in der Deckung verharrte. Am senkrechten, eher unbeholfen wirkenden Flug erkennt man sofort, warum er unter Jägern so beliebt ist. In der offenen Landschaft Rheinhessens ist er trotzdem noch recht häufig und nach dem Verschwinden vieler anderer Feldtiere einer ihrer typischsten Bewohner. Dabei stammen die scheuen Vögel ursprünglich aus dem fernen Asien.
Luxuriöser (Augen)schmaus
Doch von allen hier behandelten Neozoen, also von Menschen eingeführten Tierarten wie Halsbandsittichen oder Nutrias, ist der Fasan (Phasianus colchicus) nicht nur am längsten bei uns – er genießt auch den höchsten Bekanntheitsgrad. Das liegt unter anderem an dem exklusiven Federgewand der Männchen, das hierzulande jedes Kind kennt. Weniger bekannt ist ihr delikates Fleisch, das ihn zusammen mit einer Reihe anderer, für die Jagd meist bequemer Eigenschaften, zum Exportschlager machte. Ihre eigentliche Heimat ist der asiatische Kontinent, auf dem Fasane in verschiedenen, territorial voneinander getrennten Unterarten vorkommen. Die europäischen Exemplare, deren Vorfahren bereits in der Antike eingeführt wurden, sind oft eine Mischform aus ihnen. Die häufigste und uns vom Farbton vertrauteste Form ist der aus dem östlichen China stammende torquatus- Typ. Bis heute werden die Bestände in Deutschland künstlich aufgepäppelt, da sie sich ohne Hilfe nur in optimalen Lebensräumen und milden Wintern halten können.
Die Auswilderungsgeschichte der Fasane liest sich beinahe wie eine Zusammenfassung europäischer Völkerkunde: Bereits 500 v. Chr. hielten die alten Griechen die Vögel, die ihnen womöglich von Händlern aus dem nahen Osten mitgebracht wurden. Wahrscheinlich begannen die Römer, Fasane über den halben Kontinent zu verteilen – spätestens aber im Mittelalter wurden sie gezielt in Klöstern und Höfen gehalten. Karl der Große war genauso ein Fan wie Wilhelm der Eroberer, dessen Normannen sie kurz nach der Jahrtausendwende in England einführten. Immer öfter wurden Fasane in den folgenden Jahrhunderten in freier Wildbahn ausgesetzt, um zunächst ausschließlich von den jeweiligen Landesheeren gejagt zu werden. Auch die 1750 von Fürst Karl von Nassau-Usingen errichtete Fasanerie in Wiesbaden diente ursprünglich der Zucht und Auswilderung der gemeinhin als edel bezeichneten Tiere, die in der deutschen Küche lange als der Inbegriff einer luxuriösen Speise galten. Außerhalb von Europa wurden sie auch in Nordamerika, Australien, Neuseeland und Japan ausgesetzt.
Bodenbrüter mit Durchhaltevermögen
Dass sie hier eigentlich fremd sind, fällt also schon lange nicht mehr auf. Ganz im Gegenteil: Feld und Wiese sind dank intensiver, von der EU seit jeher geförderten Landwirtschaft vielerorts zu ökologischen Brachen verkommen. Buschwerk an den Rändern und zwischen den Feldern wurde noch für den letzten subventionierten Quadratmeter beseitigt und mit Monokulturen bepflanzt, die den meisten Tierarten weder Deckung noch Nahrung bieten können. Feldhamster, Rebhuhn und Wachtel sind schon so gut wie verschwunden, Fasan und Feldhase konnten sich bisher noch halbwegs halten. Auf den Feldern zwischen Bretzenheim und Lerchenberg oder entlang des Budenheimer Rheinufers verlassen sie jetzt im Frühling ihre gleichgeschlechtlichen Wintergesellschaften und konzentrieren sich auf die Fortpflanzung. Die bunten Fasan-Männchen versuchen in den nächsten Wochen, in ihren Revieren vorbeiziehende Weibchen dazu zu bewegen, Teil eines kleinen Harems von drei bis vier Damen zu werden.
Schaffen sie das, steht einer erfolgreichen Reproduktion der Bodenbrüter noch eine Vielzahl von Nestdieben im Weg. Die Hennen kontern vorhersehbare Verlusten, indem sie im Schnitt acht bis zwölf Eier legen und so für genügend Nachwuchs sorgen. Auch deshalb sind Fasane noch regelmäßig zu sehen, auch dort, wo heimische Wildhühner sich längst nicht mehr blicken lassen. Immerhin bemühen sich viele Kommunen mittlerweile verstärkt um den Erhalt und der Neuschaffung von naturnahen Feldflächen, um den Artbestand zu sichern. Und so besteht doch noch die Hoffnung, dass die Fasane nicht für immer allein auf weiter Flur zu sehen sein werden.
Foto: June Gathercole