Ohne Kunst und Kultur bleibt’s still
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Corona hat die Kunst- und Kulturbranche erschüttert. Auch im Kulturclub in Wiesbaden-Biebrich sind seit einem Jahr die Lichter aus.
Von Inken Paletta
Corona hat uns Kleinkunstbühnen und damit auch den Musikern und Künstlern quasi ein Berufsverbot erteilt“, erklärt Clemens Würkner. Gemeinsam mit Lothar Pohl und Bernhard Wurth betreibt er seit 2005 den Kulturclub Biebrich in Wiesbaden. Wo normalerweise jedes Wochenende unterschiedliche Bands und Musiker aus Wiesbaden und Umgebung auftreten, herrscht seit Monaten gähnende Leere. Im zweiten Halbjahr 2020 konnten nur zwei Präsenzveranstaltung der „Abende der Vielfalt“ stattfinden. Auch Online-Events sind keine Alternative. „Wir haben zwar mehrere Konzerte mit Musikern wie Udo Parker & Sheela oder Lulo Reinhard & Freunden live aus dem Kulturclub Biebrich gestreamt, aber uns und auch den Musikern fehlte einfach das Soziale, also der Austausch mit dem Publikum.“ Immerhin konnte das Konzert des Wiesbadener Ukulele-Orchesters „The Stagies“ im August 2020 in der Biebricher Partnerstadt Glarus in der Schweiz stattfinden. Dort gab es zu der Zeit keinen Lockdown, aber aufgrund der Bedenken wegen Corona kamen nur rund 70 der möglichen 140 Gäste. Leider konnte der Gegenbesuch der Glarner Band „Rämlers“ aus der Schweiz bislang nicht stattfinden. Seit dem zweiten Lockdown im November 2020 ruht der Kulturbetrieb in der Armenruhstraße nun komplett. „Unsere Einnahmen aus Künstlervermittlung und auch aus den Events liegt derzeit deshalb bei null. Wir haben jedoch Glück, dass wir im Gegensatz zu anderen Kulturlocations so gut wie keine Fixkosten haben“, so Würkner. Denn die Räumlichkeiten stelle er kostenlos über seinen Frisörsalon zur Verfügung und alle Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich. „Dennoch ist es traurig, diese sonst so belebte Location seit langem so leer zu sehen“, bedauert Bernhard Wurth, der neben seinem Hauptjob als Psychologe selbst leidenschaftlicher Musiker ist. Auch er vermisst die Live-Auftritte mit Heike Maschemer als Mainzer Musikduo playground.
Wunsch nach Planungssicherheit
„Die eigentliche Herausforderung nach Corona wird vor allem sein, die Kulturbranche so wiederzubeleben wie vor der Krise. Denn viele Künstler, aber auch viele Einzelunternehmer wie Ton- und Lichttechniker sowie kleine Eventveranstalter haben längst aufgegeben“, weiß Lothar Pohl, der durch seine Eventagentur Palast Promotion über die aktuelle Stimmung in der Branche informiert ist. Problematisch sei auch, dass man bei vielen Events, zum Beispiel beim Wiesbadener Stadtfest oder Biebricher Höfefest, noch immer nicht weiß, ob sie wirklich stattfinden können. „Sowohl für uns Veranstalter als auch für die Musiker ist so eine unsichere Situation ungünstig, weil wir einfach nichts richtig planen können. Ein wenig mehr Planungssicherheit seitens der Politik wäre daher schön“, meint Pohl. Er bemerke zudem eine fehlende Wertschätzung für Kunst und Kultur seitens der Politik. Viele Kulturbetriebe hätten erst im März die Novemberhilfen aus dem Vorjahr erhalten. Und auch Bernhard Wurth sieht in den aktuellen Maßnahmen der Regierung Widersprüche. „Zum einen ist das mit den Impfungen katastrophal angelaufen. Zum anderen erschließt sich mir nicht, warum Kinder in volle Schulbusse gesteckt werden, Leute sich dicht an dicht in Einkaufsmärkten drängeln oder mit dem Flugzeug nach Mallorca in den Urlaub reisen, aber kleine Eventlocations wie wir trotz guter Hygienekonzepte nicht öffnen dürfen.“
Neues Eventkonzept soll lokale Künstler unterstützen
Gerade wurde in Eigenregie der Innenhof neu gepflastert. „Wir haben die Zeit genutzt, um uns Gedanken um ein neues Geschäftsmodel zu machen. So haben wir künftig einfach mehr Möglichkeiten auch im Hinblick auf die Finanzierung unserer Events.“ Denn klassische Fördermöglichkeiten für Kulturbetriebe seien in den letzten Jahren immer weniger geworden, bedauert Würkner. Zu diesem Zweck soll der Kulturclub Biebrich in eine Unternehmergesellschaft mit sechs Gesellschaftern umgewandelt werden. „Außerdem haben wir uns mit unserem neuen Eventkonzept Local Music Stage auch für das Förderprogramm des Ministeriums für Kultur und Medien „Neustart Kultur“ beworben.“ An zehn aufeinanderfolgenden Wochenenden soll im Kulturclub noch in diesem Jahr ein abwechslungsreiches Musikprogramm mit Musikern und Bands aus der Region stattfinden. „Mit dieser Aktion wollen wir vor allem auch in Not geratenen Künstlern aus der Region unter die Arme greifen und ihnen bezahlte Gigs ermöglichen.“
Der Kulturclub freut sich über Spenden und Sponsoren, die die alteingesessene Location im Herzen Wiesbaden-Biebrichs unterstützen möchten.
Infos unter: kulturclub-biebrich.de
Bild: Inken Paletta