Die falschen Sterne am Himmel
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Mehr als die Hälfte aller Deutschen lesen laut einer Umfrage von Statista regelmäßig Horoskope. Blöd nur, dass die meisten von ihnen an ein falsches Sternzeichen glauben.
von Konstantin Mahlow
Bereits vor 4000 Jahren benannten die Babylonier die ersten Tierzeichen. Im 5. Jahrhundert vor Christus entstand im persischen Achämenidenreich der berühmte Tierkreis mit seiner Aufteilung in zwölf Sternbilder. Ob man an sie glaubt oder nicht, Geburtshoroskope begleiten den Menschen also schon seit einer halben Ewigkeit. Von historischen Zeiten an wurden die Sternbilder nicht nur als Hilfsmittel zur Navigation oder Deutung der Jahreszeiten betrachtet, sondern immer auch als Abbild der eigenen Existenz, als ein himmlisches Gebilde, das das Leben auf der Erde beeinflusst und dessen Zukunft bestimmt.
Und erstaunlicherweise glauben bis heute unverändert viele Menschen an einen Zusammenhang zwischen der bei der eigenen Geburt sichtbaren Konstellation von Sternen auf der einen Seite und menschlichen Charaktereigenschaften oder Glück und Gesundheit betreffenden Vorhersagen auf der anderen. Das ist nicht nur wissenschaftlich betrachtet völliger Quatsch, sondern absurderweise sogar kalendarisch gesehen falsch.
Denn schon seit einiger Zeit ist klar: Dem astrologischen Kalender wurde zu lange schon kein Update mehr verpasst – außer der späteren Ergänzung um ein 13. Bild, den Schlangenträger. Vergleichbar mit dem alten Betriebssystem auf deinem Rechner, das langsam den Geist aufgibt, weil man immer auf „Später“ klickt, wenn der entsprechende Hinweis kommt, verliert auch der Kalender auf der Rückseite des Klatschmagazins mit wachsender Zeit seine Funktionsfähigkeit und damit auch die Existenzberechtigung. Die Daten zu den jeweiligen Sternzeichen stimmen schlicht nicht mehr.
Laut der Wochenzeitung „Die Zeit“ glauben geschätzt 86 Prozent der Horoskop-lesenden Menschen an ein falsches Zeichen, weil die terminliche Zuordnung nicht mehr passt. Ist man beispielsweise am 11. November, zu Beginn der „fünften Jahreszeit“ geboren und hat sein Leben lang geglaubt, ein fescher Skorpion zu sein, war man die ganze Zeit doch nur eine olle Waage. Im Schnitt tauchen die Sternzeichen heute einen Monat später am Himmel auf, als zur Zeit ihrer achämenidischen Entdecker.
Wer im Warteraum beim Arzt in die ausgelegte Journaille blickt, stellt fest, dass diese dringend benötigte Angleichung nach wie vor auf sich warten lässt.
Das liegt vielleicht auch daran, dass das Phänomen der zeitlichen Verschiebung der Sternzeichen gar nicht so einfach zu erklären ist. Ausschlaggebend ist das Rotationsverhalten der Erde, die sogenannte Präzession. Am besten stellt man sich einen langsam werdenden Kreisel vor, der sich nicht mehr stehend dreht, sondern beginnt, um seinen eigenen Mittelpunkt zu „eiern“. Die Erde eiert auf dieselbe Art um den eigenen Mittelpunkt, allerdings braucht sie für eine Umdrehung mindestens 25.700 Jahre. Während dieser langsamen, aber stetigen Präzession der Erdachse um den Erdmittelpunkt, verschiebt sich die Position der Erde zu den Sternzeichen. Da seit der Benennung der Tierzeichen bereits 2500 Jahre vergangen sind, die Erde also knapp zehn Prozent einer Umdrehung hinter sich hat, ist diese Positionsverschiebung mittlerweile deutlich erkennbar.
War der Skorpion sonst immer ab dem 24. Oktober zu sehen, taucht er jetzt erst einen Monat später, am 24. November, auf. Am geringsten ist die Differenz beim Fisch, der aktuell 21 Tage nach dem irrtümlich festgelegten 13. März erscheint. Da diese Entwicklung aber in den üblichen Medien weder aufgenommen noch vermittelt wird, glauben somit viele Horoskop-Fans an ein falsches Sternzeichen.
Das ist peinlich, wenn man am Kaffeetisch ständig über Gefühlswelten oder Karriereaussichten spricht, die der Kosmos eigentlich denjenigen zugeteilt hat, die erst im nächsten Monat Geburtstag haben. Und schon mindestens ärgerlich, wenn man den sonst perfekten Partner hat gehen lassen, weil sein Tierzeichen leider einfach nicht mit dem eigenen kompatibel war. Weder die Journalist:innen in den Frauen-, Fernseh- und Lifestyle-Magazinen noch die Gläubigen selbst haben sich offenbar jemals die Mühe gemacht, einfach mal in den Himmel zu blicken. Dabei war es dank diverser Apps noch nie so einfach, die tatsächlichen Sternzeichen zu erkennen. Und wer weiß schon, welches Schicksal wirklich auf einen wartet, so ganz in echt?
WTF
STUZ rettet euch aus eurer Unwissenheit und präsentiert den einzig wahren Sternzeichen-Kalender:
Steinbock: 21. Januar – 16. Februar
Wassermann: 17. Februar – 12. März
Fische: 13. März – 18. April
Widder: 19. April – 14. Mai
Stier: 15. Mai – 21. Juni
Zwilling: 22. Juni – 20. Juli
Krebs: 21. Juli – 10. August
Löwe: 11. August – 16. September
Jungfrau: 17. September – 31. Oktober
Waage: 1. November – 23. November
Skorpion: 24. November – 29. November
Schlangenträger: 30. November – 18. Dezember
Schütze: 19. Dezember – 20. Januar
Quelle: Zeit.de
Foto: Sidney Hall, Public domain, via Wikimedia Commons.
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