Kulturbäckerei will’s packen
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Die Kulturbäckerei soll neben einem Musikclub und Konzerthalle Teil des neuen Kulturhauses 111 in der Mainzer Rheinallee werden. Die Integration der freien Kunst- und Kulturszene, das Mitwirken der Bürger:innen und die Zukunftsfähigkeit von Mainz stehen auf der Agenda.
von Michael Süss
Im März sollte der Mainzer Stadtrat die Bezuschussung der Kulturbäckerei ab 2026 beraten und beschließen. Der Termin ist auf die Sitzung am 15. Mai verschoben worden. Für den Mitinitiator und Geschäftsführer Jürgen Waldmann kein Grund zur Sorge, ob das soziokulturelle Zentrum ab Frühjahr 2026 erblühen wird – nach über 20 Jahren harter Überzeugungsarbeit. Er geht ganz sicher von einer Zustimmung zu den geplanten 350.000 Euro Jahresbudget, die komplett die Mietkosten decken sollen, aus. Doch erst mit dem Stadtratsbeschluss können die Umbauarbeiten beginnen. Rund 3.000 Quadratmeter Fläche umfasst der Standort neben der Mainzer Berufsfeuerwehr in der Rheinallee. Davon werden rund 1.600 Quadratmeter für einen Klub im Keller und den Konzertsaal im Erdgeschoss veranschlagt, der Rest von rund 1.400 Quadratmetern steht in den Stockwerken darüber, so der Plan, der Kulturbäckerei zu. Firmieren wird das gesamte Gebäude mit dem Titel „Kulturhaus 111“. Der Name ist eine Zusammenführung aus Nutzungszweck und Hausnummer, ein sinniger Wortwitz neben der Mainzer Berufsfeuerwehr mit ihrer markanten 112 auf dem Dach.
Jürgen ist seit 2015 mit im Verein tätig und leitet gegenwärtig das K-Lab neben dem Standort in der Neustadt, sozusagen das Vorab-soziokulturelle- Mini-Zentrum. Mit dem Begriff „soziokulturelles Zentrum“ verbinden einige die 70er und 80er Jahre mit Konzepten aus der Mottenkiste der Linken. Mit Inhalten gefüllt agiert der Begriff wesentlich gegenwärtiger. Die Räume dienen Bürger:innen zur Mitgestaltung, Partizipation an Kunst und Kultur, zur Nutzung für Bildung und kreativer Projekte. Es wird Probebühnen, Proberäume aber auch zwei Veranstaltungsräume geben. Der Verein als Betreiber der Location überlässt es damit den Menschen in der Stadt, das Zentrum mit Aktionen zu bespielen oder wie es Waldmann ausdrückt: „Wir kuratieren nicht, wir organisieren, sind quasi Dienstleister der freien Szene.“ Nur in begrenztem Rahmen sorgt der Verein für ein eignes Programm, das meiste steht den schöpferischen Kräften von außen zu. Diese freie Szene sind die vielen Aktiven in der Stadt, die sich für Kunst und Kultur engagieren, aber an viele Grenzen stoßen. Raumnot ist ein Aspekt davon, wie auch Kosten für Mieten, so man dann einen Raum gefunden hat. Die, die agieren, verzagen trotz Erfolgen mit ihrer Arbeit mitunter an der umfassenden Organisation, verlieren manchmal Mitglieder durch Wegzug oder kapitulieren, weil Gelder fehlen. Je kleiner die freie Szene wird, desto unattraktiver wirkt eine Stadt, was Mainz sich keinesfalls leisten kann. Geradezu symbiotisch verhalten sich „weiche Standortfaktoren“ mit Zuzug von Studierenden und Lehrpersonal. Fehlen Kunst und Kultur, fehlen irgendwann auch die Unternehmen, gerade im Hinblick auf Mainz als Biotechnik-Standort ist das keine gute Idee.
Solche Logiken setzen sich nicht unbedingt in den Köpfen der Stadtoberhäupter fest. In Mainz zeigt sich das bisweilen nicht nachhaltige Denken daran, dass es kein eigenständiges Kulturamt wie beispielsweise in Wiesbaden gibt, sondern nur das Dezernat für Bauen, Denkmalpflege und Kultur, das seine Aufgabebewältigung genau in dieser Rangfolge zu sehen scheint. „Es gibt überall Handlungsbedarf“, meint Jürgen Waldmann, was sich beispielsweise im Fehlen einer städtischen Galerie oder dem Umgang mit den Machern des OllOhofes offenbart. Sieht man es böswillig, könnte man Mainz hier eine Kulturvermeidungsstrategie unterstellen.
Ob die Stadt sich stärker um kulturelle Belange kümmert und eine positivere Haltung annimmt, ist unklar. Klar ist hingegen, dass es rumort in der Kulturszene und dass sich aus dieser Nichtbeachtung politischer, beziehungsweise künstlerischer, Widerstand regt. Endlich, möchte man sagen, schließlich sind im Juni Kommunalwahlen und bis dahin sollten sich die politischen Verantwortlichen im Sinne von „Nägel mit Köpfen“ dazu äußern, anstelle mithilfe positiver Bescheide alles auf die lange Bank zu schieben. Um Kräfte und Anliegen zu bündeln und größere Aufmerksamkeit zu erzeugen, haben sich unter dem Dach des K-Labs Gruppen wie Part, Kunststück e.V., Spielraum e.V. und andere im „Netzwerk Kultur Mainz“ zusammengetan. Ein Anfang zur Kooperation für die Mainzer Szene, denn letztlich geht es vielmehr um Gemeinsamkeiten als um Konkurrenzdenken.
Bis zur Eröffnung der Kulturbäckerei im Kulturhaus 111 ist noch viel zu tun für den Verein Kulturbäckerei, wie Jürgen klarstellt: „Auch wenn wir die eine oder andere Förderung durch Ministerien oder andere öffentliche Einrichtungen bekommen, brauchen wir für die Kulturbäckerei noch viele Sponsoren, Unternehmen beispielsweise, die sich einbringen. Bekommen wir die Miete seitens der Stadt, kann es losgehen, aber es werden Einnahmen für Personal ebenso wie für Equipment benötigt.“