Der OllOhof – Hotspot für Kultur?
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Schraut und Rentschler wollen mit dem OllOhof ein neues Zentrum für Kunst und Kultur in Mainz etablieren. Die Umsetzung steht mit dem städtischen Bebauungsplan in Konflikt.
von Nathalie Klump
Mit dem Glas Rotwein in der Hand gleitet mein Blick über den Hof. Kinder rennen umher und spielen fangen. Die Stimmen des Spielfilms, der im Vorführraum läuft, vermischen sich mit der Musik und dem Getümmel, das den OllOhof füllt.
2019 kauften die Architekten Jochen Schraut und Axel Rentschler nach rund 50 Jahren Leerstand den OllOhof in der Boppstraße. Bis in die 70er hinein wurde der Hof mitsamt 14 Garagen, einem zweistöckigen Gebäude und Vorderhaus als Autovermietung betrieben.
Schraut und Rentschler haben eine genaue Vorstellung davon, wie die Location nach einem Umbau genutzt werden soll: Für drei der Garagen sei eine Gastronomie vorgesehen. Denkbar wäre hier eine kleine Bühne für Kulturveranstaltungen. In den weiteren Garagen könnten sich kleine Gewerbebetriebe und Kulturschaffende niederlassen. Zudem solle der Hof als kleiner Campus für die Kunsthochschule Mainz dienen. Studierende könnten hier ihre Werke in Ausstellungen präsentieren.
Der Bebauungsplan „N76“ der Stadt Mainz, in dessen Geltungsbereich der OllOhof liegt, erlaubt in der hofseitigen Bebauung ab dem ersten Stock allerdings ausschließlich Wohnnutzung. „Die Sicherstellung von Wohnraum und Wohnruhe im Quartier ist noch immer städtebaulich ein wichtiges Ziel. Der Bebauungsplan stammt aus dem Jahr 1993, die Zielsetzung zur Sicherung der Wohnnutzung und zur Schaffung von Wohnraum ist noch genauso aktuell wie zum Zeitpunkt der Aufstellung“, heißt es in einem Statement der Bauverwaltung.
Dabei sei das Gewerbeobjekt überhaupt nicht zum Wohnen geeignet. „Aufgrund von infrastrukturellen Gegebenheiten wie zum Beispiel der einseitigen Belichtung der tiefen Räume müsste man abreißen und neu bauen, um das Wohnen hier zu ermöglichen“, so Schraut. Die Stadt ging Anfang des Jahres noch weiter und erteilte den Architekten eine Verfügung, die die Durchführung von Veranstaltungen von Dritten auf allen Flächen, inklusive Hof und Erdgeschoss, untersagt. Dagegen haben sie bereits Widerspruch eingelegt. Dennoch mussten sie die letzte Veranstaltung, eine Finissage der Kunsthochschule Mainz, absagen.
Dass die Architekten für ihre Vorstellung eines Kulturcampus eintreten, heißt nicht, dass sie das Thema Wohnen vernachlässigen. Auch sie sind an einem guten Wohnraumschlüssel interessiert. „Im Vorderhaus haben wir die Anzahl der Wohnungen bereits erhöht. Es wohnen sechs Personen mehr im Haus, seit wir die Immobilie gekauft haben. Im Dach wollen wir auch erweitern und so neuen Wohnraum schaffen“, erklärt Schraut. Es liege aber auf der Hand, dass in Mainz nicht nur Wohnraum benötigt werde. Für Schraut gilt: „Den Hof und die Gewerbeanlage betrachten wir mit unserem Konzept als unerlässlich, weil es in Mainz nicht genug Platz für Kunst, Kultur, Bildung und Soziales gibt.“
Dr. Martin Henatsch, Direktor der Kunsthochschule Mainz, sieht dahingehend großes Potential im Projekt des OllOhofs: „Kunst existiert eigentlich nur dann, wenn sie im Austausch mit der Öffentlichkeit steht. Zwei Klassen der Kunsthochschule sind bereits in der Boppstraße angesiedelt, jedoch sehr isoliert. Ihre Räume werden kaum frequentiert. Der OllOhof wäre für uns nicht nur von Vorteil, sondern ein Traum: die beiden Klassen sowie eine dritte mitsamt multifunktionalem Ausstellungsraum und Atelier könnten in den OllOhof integriert werden.“ Am Ende müsse die Stadt abwägen, erklärt Henatsch, was ihr wichtiger sei: ein Bebauungsplan, der seit 30 Jahren nicht realisiert worden sei, oder ein Raum für Kultur, der einen Mehrwert habe.
Aufgeben wollen Schraut und Rentschler nicht. Aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes haben sie sich rechtlichen Beistand geholt. Ihre Hoffnung ist, dass die Stadt den Bebauungsplan anpasst und sie so ihren Traum vom OllOhof verwirklichen können. Die Bauverwaltung sieht jedoch wenig Spielraum: „Befreiungen von Festsetzungen können planungsrechtlich nur befürwortet werden, wenn die Grundzüge der Planung, im Regelfall die im Bebauungsplan zulässige Nutzung – also des Bebauungsplanes N 76 – nicht berührt werden.“ Es wird insbesondere darauf verwiesen, dass man seitens der Stadtverwaltung keine Planerfordernis zur städtebaulichen Entwicklung oder Ordnung sehe und damit die Voraussetzungen für eine Bebauungsplanänderung nicht gegeben seien.
Rentschler erkennt an, dass sie auf das Wohlwollen der Stadt angewiesen sind: „Wir müssen den politischen Willen herstellen. Gerichtlich haben wir keine Handhabe gegen den Bebauungsplan.“ Schraut fügt hinzu: „Wir wollen das Ding gemeinsam mit der Stadt entwickeln. Wir wollen alle Personen, die Einfluss darauf haben, an der Gestaltung teilhaben lassen und sie mit ins Boot holen. Wir hoffen, dass die Chance irgendwann genutzt wird.“ So oder so sind sie weit vom Aufgeben entfernt und geben sich optimistisch. Für sie ist der Kampf um einen Kulturcampus im Herzen von Mainz ist noch lange nicht vergebens.