Legalisierung mit Lücken
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Obwohl das entsprechende Gesetz noch gar nicht verabschiedet ist, gibt es auch in Mainz schon die ersten Cannabis Social Clubs. STUZ hat sich mit Christian Hauptmann und Julian Sens, Gründer des High Society Club, über die Vor- und Nachteile der Entkriminalisierung unterhalten.
von Konstantin Mahlow
Das erstmal vorneweg: Cannabis ist noch nicht legal, und bis man in eigens dafür vorgesehen Fachgeschäften rauchbare Blüten erwerben kann, wird es wohl auch noch eine ganze Weile dauern. Doch mit dem jetzt vorgelegten Cannabisgesetz (CanG) zur Entkriminalisierung ist man zumindest so nah an einem liberaleren Umgang mit der Droge als je zuvor. Noch in diesem Jahr, so will es die Ampel, sollen der Besitz von bis zu 25 Gramm und der Eigenanbau von drei blühenden Pflanzen erlaubt sein. Dazu sollen sogenannte Cannabis Social Clubs gegründet werden dürfen, in denen das Gras gemeinschaftlich angebaut und an die Mitglieder verteilt werden kann. Auch Stecklinge und Samen für den privaten Anbau sollen in Zukunft über solche Clubs verteilt werden. Die dafür gesetzten Rahmenbedingungen sind seitenlang, und bis zur finalen Runde Ende September, wenn über den endgültigen Entwurf im Bundestag debattiert wird, kann sich auch noch einiges ändern. „Wir sind in einer Wartehaltung“, sagt daher auch Julian Sens.
Auf das letzte Go zu warten bedeutet aber nicht, solange untätig zu bleiben. Schon vor Monaten gründeten die beiden Mainzer den High Society Club, seitdem gab es schon knapp 500 Voranmeldungen. Mehr Mitglieder soll der gewinnfrei orientierte Verein gar nicht haben dürfen: „Wir gehen aber davon aus, dass noch einige abspringen werden, bis es soweit ist. Deswegen können sich auch nach wie vor Interessierte bei uns anmelden.“ Drei blühende Pflanzen darf der Club für jedes Mitglied anbauen, was bei einer möglichen Gesamtzahl von 1500 einen nicht zu unterschätzenden Aufwand mit sich zieht. Das weiß jeder, der schon mal gesehen hat, wie viel technisches Equipment man alleine schon für den Eigenanbau im Innenbereich benötigt: Pflanzenlicht, Ventilatoren, Lüfter und Filter, dazu die jeweilige Bewässerung. Aber Sens und Hauptmann zeigen sich optimistisch: „Wir sind bereits in guten Kontakten mit den Besitzern größerer Hallen im Umfeld. Daran wird es garantiert nicht scheitern.“
Weniger glücklich zeigen sie sich über den ein oder anderen Eckpunkt des Gesetzes, das vom Kabinett verabschiedet und noch durch Bundestag und Bundesrat muss. Vieles scheint erst einmal vernünftig, etwa der Mindestabstand zu Schulen, ein reduzierter THC-Wert für unter 21-jährige oder die Pflicht, einen Jugendschutzbeauftragten im Verein zu haben. Das aktuelle Gesetz verbietet in seiner Form aber auch das Entstehen von echtem Vereinsleben, das in Deutschland ja eigentlich einen hohen Stellenwert genießt: „Eine gemeinsame Clubkultur wird leider nicht möglich sein, da man in den Vereinsräumen nicht zusammen konsumieren darf. Das wäre so, als ob man in der Kneipe das Bier nur zum abholen kaufen könnte“, erklärt Christian Hauptmann die seltsame Regelung. Die Lösung könnten „Smoker’s Clubs“ sein, zudem wird auch der Konsum in der Öffentlichkeit erlaubt sein. Ein weiterer Knackpunkt seien die vielen bürokratischen Auflagen, etwa das Dokumentieren der abgegebenen Menge oder das ständige Testen der Produkte, was mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden ist. Hauptmann befürchtet, dass das gerade für kleinere, private Clubs zu viele Hürden sein werden.
Dazu kommt: Die neu festgelegten Strafen, die den Anbau von mehr als drei blühenden Pflanzen oder den Besitz von mehr als 25 Gramm Blüten betreffen, fallen plötzlich schärfer aus als die bisherigen Regeln. Stand jetzt fängt die nicht geringe Menge bei einem reinen THC-Gehalt von 7,5 Gramm an, in Zukunft ist sie von dem Wirkstoffgehalt unabhängig geregelt und beginnt ab 25 Gramm Blütenmenge – selbst wenn das Gras vielleicht nur ein Gramm reines THC enthält. Auch sollen Hausdurchsuchungen ohne entsprechenden Beschluss möglich sein, da der Anbau von mehr als drei Pflanzen ein Hinweis auf eine Schwarzmarkt-Aktivität ist und somit Gefahr in Vollzug gilt. Das alles führt zu der absurden Situation, dass eine Person, die sich seit Jahren mit fünf, sechs kleinen Stecklingen in einem Blütezelt selbst versorgt, durch die Entkriminalisierung deutlich höheren Repressionen ausgesetzt wäre. Die Vermutung liegt im Raum, dass es von politischer Seite aus gar nicht so sehr gewollt ist, zu Hause sein eigenes Ding durchzuziehen, statt sich in einem Club einzutragen, in dem jedes abgegebene Gramm registriert wird.
Wie es genau kommen wird, wird sich bald zeigen. Ohnehin geht es aktuell auch nur um den ersten von zwei Schritten zur vollständigen Legalisierung, die dann auch die Schaffung eines Marktes miteinschließt. Doch wann das passieren soll und ob die jeweiligen Entscheidungsträger dann noch im Amt sind, steht in den Sternen.
Alle Informationen zum High Society Club findet ihr auf highsocietyclub.de oder auf Instagram unter @csc.mainz