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Mainz

Licht aus im Lichtspielhaus?

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Seit geraumer Zeit steht die Zukunft des Palatin-Kinos auf der Kippe. Welche Pläne die Stadt für das Gebäude hat und warum ein Aus der aktuellen Betreiber wahrscheinlich ist.

von Paul Hansen

Filme wie Avatar 2, Doctor Strange 2 und Top Gun 2 waren 2022 die großen Erfolge an der Kinokasse. Doch wer abseits von Blockbustern auf der Suche nach aktuellen Filmen mit mehr Anspruch ist, kommt an dem Besuch des Programmkinos nicht vorbei. Erste Adresse ist für Mainzer:innen das Capitol & Palatin-Kino, dass an zwei nahgelegenen Standorten eine breite Auswahl an Filmen zeigt. Doch damit könnte bald Schluss sein.

Ein kurzer Blick zurück: 2021 kaufte die Immobiliengesellschaft Fischer & Co. das Gebäude, in dem das Palatin-Kino und auch der Rockclub „Alexander the Great“ zu Hause sind. Dies sorgte für einen Aufruhr in der Mainzer Kinoszene, nicht zuletzt deswegen, weil Fischer & Co. berüchtigt für Übernahmen und anschließende Luxussanierungen in der Stadt ist. So hatte das Unternehmen 2017 das Gebäude des damaligen Programmkinos „Residenz & Prinzess“ gekauft und das Kino im Zuge des Neubaus dichtgemacht. Fest steht, auch das Palatin wird bald abgerissen. Eine Petition zum Erhalt des Palatins haben inzwischen 25.000 Bürger:innen unterschrieben.

Vermutlich auch aufgrund von Druck seitens der Stadt, hat sich Fischer & Co. nun bereiterklärt, dass ein Neubau am Ort des Palatins wieder ein Programmkino beinhalten werde. Zunächst, so der erste Plan, sollte dies in Form eines „Filmkunsthauses“ geschehen, das Palatin sowie das kommunale Kino „CinéMayence“ in dem Gebäude vereinen sollte. Dieses Vorhaben wurde mittlerweile verworfen. Der aktuelle Plan sieht nun vor, dass die Stadt Mainz die Räumlichkeiten für 20 Jahre anmieten wird und der neue Betreiber eines Programmkinos mittels einer Ausschreibung gefunden werden soll. Der Bauantrag wird dieses Jahr gestellt werden, der Baubeginn ist dann für 2024 geplant.

„Unnötig, dysfunktional“

Kritik kommt von den Machern des Palatins, Eduard Zeiler und Jochen Seehuber: „Das ist ein unnötig teures und kulturell dysfunktionales Vorgehen.“ Ihr Hauptkritikpunkt ist, dass zum aktuellen Zeitpunkt weder die Anzahl noch die Größe der künftigen Kinosäle im Nachfolgebau feststünden. Eine Anmietung durch die aktuellen Kinobetreiber selbst stellt anscheinend für diese keine Option dar: „Die finanziellen Vorstellungen von Fischer & Co. übersteigen die Möglichkeiten eines Kulturbetriebs“, betont Betreiber Seehuber.

Die von der Stadt gewünschte „überregionale Strahlkraft“ für das zukünftige Programmkino hätten sich Capitol & Palatin bereits über Jahre erarbeitet, so Seehuber. Unter anderem auch, weil bei der Gestaltung des Programms nicht jeder einzelne Film nur in Bezug auf seine Wirtschaftlichkeit ausgewählt werde. Mit dem Beginn der Bauarbeiten am Palatin müsse auch das Capitol schließen, da dieses allein nicht wirtschaftlich betrieben werden könne. Dann müssten sich die Betreiber neue Jobs suchen. Einer Bewerbung auf die Ausschreibung der Stadt erteilt Seehuber eine Absage: „Wenn wir dann neuen Dingen nachgehen, ist es eher unwahrscheinlich, dass wir Jahre später wieder umdrehen, um uns als Mainzer Kinobetreiber zu bewerben.“

Die Stadt wiederum verteidigt ihr Vorgehen in Bezug auf das Palatin damit, dass ihr rechtlich weitestgehend die Hände gebunden seien. „Der Betrieb kann nicht pauschal vorab einzelnen Personengruppen zugeteilt werden“, macht Pressesprecher Ralf Peterhanwahr klar und erklärt so die Notwendigkeit einer Ausschreibung. Auf die Gestaltung der zukünftigen Kinosäle dürfe man keinen Einfluss nehmen, da man nur Mieterin und nicht Bauherr sei. Eine Subventionierung des zukünftigen Kinos, beispielsweise durch eine verringerte Miete, würde „ergebnisoffen geprüft“.

Dass die Stadt überhaupt ihre Unterstützung anbieten kann, ist dem unverhofften Geldsegen durch Biontech geschuldet. Andernfalls müsste sie wohl vollkommen sang- und klanglos zuschauen, wie die Gentrifizierung der Mainzer Innenstadt zunehmend auch den Kulturbereich trifft. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn auch von politischer Seite Ideen entwickelt werden würden, wie man, teilweise über Jahrzehnte gewachsene, Kultur vor dem Ausverkauf schützen kann.

Eines steht jetzt schon fest: Während der mehrjährigen Umbauphase werden die Mainzer:innen auf ein heimisches Programmkino verzichten müssen. Da lohnt ein Blick auf die andere Rheinseite nach Wiesbaden, wo es mit dem Murnau-Filmtheater und der Filmbühne Caligari gleich zwei Programmkinos gibt, auch wenn diese nicht mit einer so breiten Auswahl wie Capitol & Palatin aufwarten und Mainzer:innen bisher noch nicht allzu bekannt sein dürften.

Foto: Capitol & Palatin

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