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Gesellschaft

Bis die Rute schwingt

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Zwischen Aberglaube und Erfolgsgarantie: Rutengänger und Baubiologe Johannes Musseleck findet Wasseradern mit einer erstaunlich hohen Trefferquote. Was steckt dahinter?

von Konstantin Mahlow

Johannes Musseleck lässt seinen Blick durch sein Eigenheim in Nackenheim schweifen: „Nachdem wir das Haus gebaut hatten, konnten meine Frau und meine Tochter nicht gut schlafen.“ Neue Umgebung, Stress nach dem Umzug? Mitnichten: „Ich habe damals einen Radiästhesisten gerufen, also einen Rutengänger. Er hat die Störzonen im Haus entdeckt, unsere Betten umgestellt und seitdem schlafen wir besser.“ Störzonen, weil an diesen Stellen Erdstrahlungen dafür sorgen, dass Körper und Psyche und damit das Wohlbefinden beeinträchtigt werden. Zumindest in der Theorie. Die Wortschöpfung Radiästhesie ist eine Kombination aus dem lateinischen „radius“ für Strahl und dem griechischen „aisthesis“ für Sinneswahrnehmung. Geopathologie ist ein weiterer Begriff, der oft im Zusammenhang mit der Suche nach nervenden Erdstrahlen fällt. Zu diesen Strahlungen zählen auch die berüchtigten Wasseradern.

Musselecks herbeigerufener Geopathologe jedenfalls konnte mithilfe seiner anschlagenden Wünschelrute die Störzonen entdecken und so der Familie ihren Schlaf wiederbringen. Dafür reichte eine Untersuchung, für mehr würde die Energie, die der Geopathologe aufwenden muss, auch nicht reichen. Zum Glück aber für Musseleck hatte er noch genug Kraft für ein anschließendes Gespräch, das letztendlich auch den Hausherrn aus Nackenheim zur Rute führte. Heute ist Musseleck, der in Mainz als Schlagzeuger der Fastnachtsband „Humbas“ bekannt ist und dazu noch eine Musikschule leitet, ausgebildeter Rutengänger und Baubiologe mit vollen Auftragsbüchern. „Nach meiner Ausbildung musste ich erst einmal viel Zeit mit üben verbringen. Jetzt fahre ich jede Woche raus zu meinen Kunden.“ Musseleck arbeitet alleine, hin und wieder auch zusammen mit Heilpraktikern und Osteopathen. Mittlerweile bildet er auch selbst Rutengänger aus.

Einfach nur die Rute in der Hand zu halten und zu warten, bis sie anschlägt – so einfach ist es dann doch nicht: „Du musst als Rutengänger ‚fühlig‘ sein, ist diese Gabe gegeben folgt ein mentales Training. Nicht die Rute, sondern der Körper ist das Messgerät.“ 70 Prozent aller Menschen sollen diese „Fühligkeit“ besitzen. Insgesamt drei Aufgabenfelder deckt Musseleck ab: Zum einen die Schlafplatz- und in der Arbeitsplatzuntersuchung. Werden diese Plätze von Erdstrahlungen gestört, kann es zu einer ganzen Reihe von Beeinträchtigungen wie Kopf- und Rückenschmerzen, schlechter Schlaf, Nervosität oder mangelnder Konzentrationsfähigkeit kommen. Musselecks Ziel ist es, durch Umstellung des Arbeits- oder Schlafplatzes einen „guten, gesunden Platz zu schaffen.“ Zum anderen die Brunnensuche, also die Suche nach einer ergiebigen Wasserquelle auf dem Grundstück, und nicht zuletzt die präventive Bauplatzuntersuchung.

Fünf verschiedene Erdstrahlungen soll es geben, die einen Einfluss auf unseren Körper haben. Das ist wissenschaftlich nach wie vor höchst umstritten. Der allgemeiner Tenor der Kritiker: Wasser verteilt sich in der Regel gleichmäßig, man würde also an jeder Stelle, wo gegraben wird, auf welches stoßen. Und jener Einfluss, den die Wasseradern oder die anderen Strahlungen auf uns haben sollen, seien (noch) nicht messbar. Musseleck steht dem gelassen gegenüber: „Wir wollen oft nur das verstehen, was wir auch beweisen können. Ich bin kein Esoteriker und glaube an die Wissenschaft, aber die kann auch noch nicht alles erklären.“ Von der Existenz der Wasseradern ist er überzeugt: „Rutengänger suchen nicht nach Grundwasser, sondern nach unterirdischen Wasseradern und vor allem nach dem Punkt, wo das meiste Wasser zusammenkommt. Das ist oft da, wo sich zwei Adern kreuzen.“

Dass viele Menschen daran nicht glauben, sei für ihn völlig okay. Wichtig ist ihm, dass er eine ehrliche Arbeit anbietet: „Ich verkaufe ausschließlich mein Handwerk.“ Entstörgeräte oder Harmonizer, die oft für viel Geld von Scharlatanen an leichtgläubige Kunden verscherbelt werden, hat er genauso wenig im Angebot wie vermeintliche Lösungen gegen ernsthafte Gesundheitsprobleme: „Wenn jemand nach einem Gesundheitstipp oder medizinischen Dingen fragt, dann sag ich ihm, er soll zum Arzt gehen.“ Ob man daran glaubt oder nicht – viel falsch kann man eigentlich nicht machen, wenn man Musseleck auf die Baustelle ruft: Die Erfolgsquote bei der Suche nach ergiebigen Wasseradern liegt bei stolzen 95 Prozent. Und wer umsonst nach Wasser bohren sollte, bekommt sein Geld zurück.

Rund 2,5 Gigatonnen Wasser hat Deutschland in den letzten 20 Jahren und insbesondere während der anhaltenden Dürre verloren. Noch reichen die Vorräte, aber Prognosen zeichnen ein übles Zukunftsbild. Wohl dem, der dann einen Rutengänger kennt.

Alle Infos unter dergesundeplatz.de

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