Der Ozean beginnt hier
Teilen
Tanja Methien und Tim Fritsche hatten 2018 am RhineCleanup teilgenommen. Aus der Einmalaktion ist Cleanup Wiesbaden entstanden, eine dauerhafte und auch aufklärerische Umweltinitiative.
von Michael Süss
Ein jährlicher Aktionstag ist zu wenig in Anbetracht der vielen Mengen Müll, die am Wiesbadener Rheinufer angespült werden. Tanja und Tim sind deshalb selbst aktiv geworden. In ihrer Freizeit sammeln sie das, was andere achtlos wegwerfen oder in der Toilette mit entsorgen. Eigentlich wird das ja auch herausgefiltert in der Kläranlage, bei starken Regenereignissen jedoch müssen Kläranlagen wegen der drohenden Überlastungen Wasser gemischt mit geklärtem Wasser ableiten. Dadurch gelangen die Sachen, die eigentlich nicht in die Toilette und damit ins Abwassersystem gehören, in den Rhein, verschmutzen die Ufer und stellen eine Belastung für die Umwelt dar. Anfang 2019 übernahm Tanja von den ELW (Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden) eine Patenschaft für den Rheinabschnitt in Wiesbaden Biebrich. Die ELW stellte Mülltüten, Handschuhe und Greifer zur Verfügung. So entstand der Plan, „CleanupWiesbaden“ ins Leben zu rufen. Immerhin haben die beiden mit den ELW einen dauerhaften Partner gefunden. Jedoch waren und sind manche Regelungen der Zuständigkeiten ein großes Problem in der Stadt. Die Leerung der öffentlichen Mülleimer wurde lange durch die ELW, dem Grünflächenamt oder weiteren Stellen übernommen. Erst seit Mai 2020 ist die Entsorgung nahezu in einer Hand: Die ELW ist für alle Mülleimerleerungen und das Sauberhalten der Stadt zuständig. Am Rhein betrifft das die Wege, jedoch nicht Böschung und Flussbett!
Für Tanja ist sachgerechte Entsorgung und Vermeidung von Müll eine wichtige Sache: „Ich würde mir eine offensivere Aufklärung hinsichtlich der Trennung des Mülls wünschen. Egal ob Papier oder Restmüll, es findet sich immer Müll der falsch entsorgt wurde. Große Sorge bereitet mir auch der Umstand, dass noch viel zu viele Hygieneartikel in der Toilette landen. Hier sollte unbedingt aufgeklärt werden. Wer weiß schon, dass feuchtes Toilettenpapier definitiv nicht in die Toilette gehört. Damenhygieneartikel werden leider auch noch immer zu viel über das Abwasser entsorgt.“
Die beiden Müllexpert:innen denken aber bereits weiter. Seit 2021 bietet Tanja bei „Wiesbaden engagiert!“ Cleanup-Projekte für Firmen an, die beispielsweise ihren Social Active Day mit Müllsammeln gestalten wollen. Bei allem Ungemach sagt Tanja: „Wir haben jedes Mal eine Menge Spaß, was natürlich gut ist, aber leider auch Erfolgserlebnisse was die Müllmenge angeht. Im vergangenen Jahr hatte ich die Möglichkeit, eine Firma für einen Cleanup im Naturschutzgebiet Wallufer Bucht zu gewinnen. Wir konnten sage und schreibe 1.600 Kilo Müll aus den Niederwaldauen holen.“
Zu den monatlichen Treffen laden Tim und Tanja über einen relativ großen Verteilerkreis per E-Mail ein. „Wir bringen Müllsäcke, Greifer und Eimer mit und haben mit den ELW, gerade für größere Mengen Müll, den Abtransport organisiert. Inzwischen hat sich aus den ersten Treffen eine kleine Gruppe, in der alle Altersklassen vertreten sind, gefunden, die sich immer wieder an den Cleanups beteiligt. Es kommen aber auch oft neue Leute dazu oder Passanten helfen mit. Wir freuen uns über jede helfende Hand!“, weiß Tim zu berichten.
Doch eigentlich sollte der Job der Cleaner nicht notwendig sein, denn würden alle etwas mehr Acht geben, könnten viele negative Folgen für den Rhein vermieden werden. Eine einzelne weggeschmissene Kippe mag für einen Raucher vielleicht unbedeutend erscheinen. Erschreckend wird es erst, wenn man sieht, welche Mengen an Kippen an einem Kilometer Uferpromenade gesammelt werden und man sich dann vorstellt, wie viele Liter Wasser durch das Einsammeln vor einer Verschmutzung gerettet wurden und wie viel Mikroplastik aus den Filtern nicht in die Meere gelangt. Neuerdings finden sich auch immer mehr Einweg-E-Zigaretten mit Batterien, deren negative Folgen nun zu den bestehenden kommen. Daher sind Tanjas Wünsche eigentlich Forderungen an den Menschenverstand: „Die Menschen sind für den Zustand verantwortlich und sollten sensibilisiert werden, damit sie ihr Verhalten ändern. Ich weiß, das wird ein schwieriger und langwieriger Prozess, den aber die Stadt intensiver mit Aktionen und Aufklärung unterstützen könnte.“ Für Tim und Tanja ist es ein Kampf, den sie auch für die Gesellschaft, uns alle und jeden Menschen führen, daher ist ihr zweiter Slogan: Es ist zwar nicht mein Müll, aber mein Planet! Der erste Slogan steht in der Überschrift: Der Ozean beginnt hier!
Foto: Arne Landwehr
Mitmachen:
Geplante nächste Termine sind der 10.09., der Rhine-Cleanup-Day, ab ca. 10 Uhr. Der darauffolgende Termin wird am 09.10. stattfinden, also am 2. Sonntag im Monat. Die Initiative sucht für die Erstellung einer eigenen Homepage noch Unterstützer. Kontakt über Instagram @cleanupwiesbaden oder per Mail: mail@cleanupwiesbaden.de