Lade

Tippen zum Suchen

Gesellschaft

Klein & Kariert

Teilen

Über Geschmack lässt sich nicht streiten? Quatsch! Vor allem vermeintliche Nebensächlichkeiten würzen die Suppe des Lebens und bieten hervorragenden Diskussionsstoff für spitzfindige Dickköpfe. Diesmal wird es kulinarisch: Öl auf Nudeln – ja oder nein? Von Leon Scheich und Julius Ferber.

Frisch gekochte Nudeln in Olivenöl zu ertränken, steht für mich auf einer Stufe damit, dasselbe mit Katzenbabys zu tun. Ich habe genug Respekt vor mir selbst, um meine heiß geliebte Pasta mit einer Soße zuzubereiten, die nicht alleine durch zusätzliches Fett über die Hürde der Genießbarkeit gehievt wird, sondern auch ohne diesen Cheat geschmacklich überzeugt. Zudem bin ich nicht vier Jahre alt und kann einschätzen, wie viel ich essen möchte, wenn ich nur für mich koche. Ich gehöre also zu jenen Menschen, die NICHT in ihre kultige Bio schreiben: „Drei Dinge mache ich mir immer zu viel: Gedanken, Hoffnung und Nudeln.“ Ein Anti-Kleb-Öl ist daher nicht notwendig. Und falls sich bei mehreren Mitessenden doch ein Nudel-Klumpen aus den Resten bildet, ist das Grund zur Freude: Diesen kann man bei nächtlichem Heißhunger zu praktischen Nudel-Riegeln zurechtschneiden und einhändig schnabulieren. Das Argument, es sei „alla maniera italiana“, Nudeln so zu imprägnieren, zieht auch nicht. Denn Authentizität ist nicht immer die bessere Wahl. Oder wer würde ernsthaft darauf beharren, über einem offenen Feuer zu kochen, wenn sie oder er vor einem Induktionsherd steht? Übrigens: Ein Erasmus-Semester in Rom macht noch keinen Profi-Koch.

Frisch gekochte Nudeln mit einem Hauch Olivenöl zu verfeinern, verleiht der Pasta eine seidige Oberfläche und wohlriechende Parfümierung, verhindert ihr Aneinanderkleben und senkt obendrein den Cholesterinspiegel. Menschen, für die Gesundheit und grundlegende Genussansprüche an ihr Essen irrelevant sind, sei es natürlich trotzdem freigestellt auf den wohlschmeckenden Zusatz zu verzichten. Ich möchte zwar einräumen, dass die Option besteht, die Nudeln unmittelbar nach dem Kochen mit einer Soße zu vermengen und die extra Portion gesunder Fette somit obsolet zu machen, doch wem haben ein, zwei Esslöffel Olivenöl mehr denn je geschadet? Wer sich jedenfalls einredet, ein verklebter Haufen homogener Hartweizen- Masse im Topf könne ein ähnlich gutes Schöpf- und Esserlebnis bieten, wie es eine Portion sanft geölter Pasta tut, belügt sich selbst und weiß es vermutlich auch. Und wenn zugegebenermaßen ein halbes Jahr in Italien noch keine:n Küchenchef:in macht, würde zumindest ICH mich trotzdem hüten, kulinarische Ratschläge von meinem Gegendiskutanten anzunehmen, der sich am liebsten nur von reinen Kohlenhydraten und schalen Nougat Bits ernähren würde.

Illustration: Leon Scheich

Tags