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Mainz

Futsalromantik

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Mit der TSG 1846 Mainz aus Bretzenheim spielt seit dieser Saison eine Mannschaft aus der Rheinland-Pfälzischen Landeshauptstad in der Futsal-Bundesliga. In familiärer Atmosphäre stellen sie sich den sportlichen und organisatorischen Herausforderungen der Erstklassigkeit.

von Tim Porzer

Als die Hallensirene den Schlusspfiff des zweiten Heimspiels der Saison signalisiert, ist man als Fußballromantiker begeistert und unschlüssig zugleich: Soll man den Mainzer Futsalern nun gratulieren oder sich mit ihnen ärgern? Bereits nach neun Minuten Stand ein 0:3 Rückstand gegen den Tabellenneunten Wakka Eagles Hamburg auf der Anzeigetafel. Mit großem Willen und einer beherzten Teamleistung gelang die zwischenzeitliche 5:4 Führung, bevor die Hamburger in der letzten Spielminute zum Ausgleich kamen. 40 Spielminuten und 10 Tore bedeuteten beim 5:5 ein echtes Fußballfest.

Gründungsmitglied im Abstiegskampf

Das Unentschieden bedeutet den fünften Punkt und Tabellenplatz acht der aktuellen Saison für den Aufsteiger. Denn das Team von Trainer Christian Wölfelschneider ist erst zu Saisonbeginn aus der Futsal-Regionalliga Südwest in die neugegründete Futsal-Bundesliga aufgestiegen. Die Ausrichtung ist dementsprechend klar: „Es geht nur um den Klassenerhalt“, gibt Marcus Nungesser das Saisonziel aus. Der 31-Jährige ist Spieler und Co-Trainer in Personalunion. Den Sprung in die höchste deutsche Spielklasse ordnet er als „sehr schwer“ ein. Aber als Führungsspieler, der sich selbst als „Freund von Entwicklungsprozessen“ versteht, nimmt er die sportliche Herausforderung natürlich an: „Egal welche Sportart, die Möglichkeit zu haben, einmal in der ersten Liga zu spielen, ist immer etwas ganz Besonderes.“

Vom Hallenturnier in die Bundesliga

Begonnen hat alles vor sechs Jahren. Die Hallenturniere und die Futsal-Kreismeisterschaft im Winter 2014/2015 waren der Ausgangspunkt zu sagen: „Das können wir doch öfter machen.“ Aus der Leidenschaft für Kleinfeldfußball und zahlreichen Turnierteilnahmen entwickelte sich 2017 die erste Ligateilnahme per Sondergenehmigung in Hessen bevor die Futsal-Regionalliga Südwest bis zum Aufstieg die sportliche Heimat der Mainzer wurde. Vor dieser Geschichte eines steilen Aufstiegs schwärmt auch Marcus Nungesser: „Ein Traum, wenn man bedenkt, dass man vor fünf Jahren einmal in der Halle gekickt hat.“ Seit 2018 sind die Futsaler in einer eigenen Abteilung organisiert, zuvor spielten sie noch in der Fußballabteilung der TSG 1846 Bretzenheim.

Idealismus und Ehrenamt

Egal ob Hallenturnier, Regionalliga oder erste Spielklasse, die familiäre Atmosphäre und das ehrenamtliche Engagement hat sich erhalten. Und ist auch unerlässlich, denn Marcus Nungesser gibt zu: Die Spieltage in der Bundesliga sind „auf jeder Ebene ein riesiger Aufwand“. Sowohl die Mannschaft als auch die Helfer*innen organisieren die Spieltage ehrenamtlich. Das umfasst Ticketing, Einlass, das Stellen von Ordnungspersonal, Gastronomie und natürlich Auf- und Abbau. Die Sponsoren decken zumindest die Fahrt- und Übernachtungskosten der quer durch Deutschland führenden Auswärtsreisen ab. An dieser Stelle sieht Marcus selbst Unterschiede zum Amateurfußball auf dem Großfeld: „Hier ist noch mehr Idealismus gefordert im Gegensatz zum Amateursport, wo teilweise schon viel Geld drinsteckt.“

Futsal-Familie

Aber genau das macht das Erlebnis Futsal in Mainz aus. In der heimischen Arena, der Gymnasiumhalle Mainz-Oberstadt, wird man am Einlass persönlich begrüßt und verfolgt das Spielgeschehen von der Tribüne direkt an der Seitenlinie. Dort mischt sich ein buntes Publikum aus Studis, Familien und Großeltern, die mit den Enkeln das erste Fußballspiel besuchen. Man kennt sich und macht gemeinsam Stimmung. Ausgerüstet mit Trommeln, Rasseln und sogar einer Vuvuzela steht das Mainzer Publikum den Fans in der Mewa Arena in nichts nach. Die Nähe zum Spielfeld ist nicht nur komfortabel, sondern auch hilfreich. Denn Futsal ist intensiv für Geist und Körper. Es geht um Geschwindigkeit, Technik und Reaktion. Das spürt auch der Zuschauer, denn Aktion folgt auf Aktion. Da ist eine Stärkung in der Pause notwendig. Hier sorgen die Helfer*innen für das leibliche Wohl der Fans. Es gibt selbstgebackene Kuchen, selbstgemachten Spundekäs mit Brezeln sowie Kaffee und Getränke – auch das Stadionbier ist gesichert.

Im Futsal ist erfolgreich, wer in den einzelnen Spielsituation die besten Entscheidungen trifft. Da ist der berüchtigte Instinktfußballer gefragt. „Alles was ich am Fußball gut finde, ist hier noch komprimierter“, fasst Marcus Nungesser den Reiz des Hallenfußballs zusammen. Für Fußballästhetiker ist das Fairplay ein weiterer positiver Aspekt am Futsal. „Die Foulgrenze hilft dabei, denn entweder du verteidigst gut oder du haust einen um“, verrät Marcus und ergänzt in Bezug auf den Fußball: „Es ist schon befremdlich, eine Regelwidrigkeit alle paar Minuten zu sehen.“

Deutschland wartet auf den Boom

Trotz einiger Widrigkeiten und der großen sportlichen Herausforderung hebt Marcus den Gestaltungsfaktor hervor: „Wir können Bundesliga spielen wie wir es wollen.“ Das ist auch als Einladung an die Zuschauer verstanden: „Schaut es Euch an!“ Gebrauchen können die Futsaler der TSG 1846 Mainz die Unterstützung auf jeden Fall im Abstiegskampf. Und auch für Futsal-Deutschland sind steigende Zuschauerzahlen ein Gewinn. Denn während Futsal in Frankreich, Spanien und Italien längst einen Boom zu verzeichnen hatte, hinkt die Bundesrepublik hinterher. „Neues hat es in Deutschland schwer“, weiß Marcus und fügt an: „Es ist schwierig, die geeignete Halle zu finden. Da ist es schwer, sowas ins Leben zu rufen.“ Hallenkampf statt Euphorie also. Das wirkt sich auch auf die Trainingsbedingungen der TSG aus. Die Mainzer trainieren zwar dreimal pro Woche, dies aber in drei unterschiedlichen Hallen. Wenigstens einmal in der Woche können sie in der Halle des Gymnasiums in der Oberstadt unter Spieltagsbedingungen trainieren.

Dabei ist es das Ziel des Mainzer Futsal-Bundesligisten, „möglichst vielen die Möglichkeit zu geben, dem Sport nachzugehen“. Da ist erfreulich, dass derzeit auch eine 2. Mannschaft am aktiven Spielbetrieb teilnimmt. Und der Klassenerhalt ist natürlich die beste Werbung für den Sport.

WTF – Futsal

Futsal: eine international anerkannte Form des Hallenfußballs. Gespielt wird auf einem durch Linien begrenzten Kleinfeld auf Handballtore. Der Ball ist im Vergleich zu einem herkömmlichen Fußball kleiner und druckreduziert.

Spielmodus: 5 gegen 5 inkl. Torhüter

Spielzeit: 2 x 20 Minuten

Besonderheiten: Es gibt eine Teamfoulgrenze von 5 Fouls pro Halbzeit. Ab dem sechsten Foul gibt es einen direkten Freistoß ohne Mauer auf dem 10-Meter-Punkt. Eine verschärfte Rückpassregel erlaubt nur eine Berührung des Torhüters, wenn nicht dazwischen ein gegnerischer Spieler am Ball ist.

WTF

Futsal TSG 1846 Mainz-Bretzenheim

Spielstätte: Arena Mainz-Oberstadt, Hechtsheimer Str. 29, 55131 Mainz

Tickets und Infos unter: 1846-futsal.de

Kommendes Heimspiel: 9. Januar 2022 gegen den MCH Futsal Club Bielefeld-Sennestadt

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