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Gesellschaft

Fragen an Daniel Weber von Volt

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Mit einer auf Europa ausgerichteten Politik möchte Volt neue Anätze in den Wahlkamp bringen. STUZ hat nachgefragt, was dahinter steckt.

Interview Michael Süß

STUZ: Vorabfrage: Wer bist Du, welche Position ist die Deinige? Bitte kurz für die Leser*innen darstellen.

Mein Name ist Daniel Weber, 32 Jahre, Wiesbadener, Europäer, Radfahrer, Kommunalpolitiker, Ehrenamtler beim VfR Wiesbaden. Ich arbeite im Praxismanagement im GPR Klinikum und wohne in Wiesbaden „Mitte“. Für Volt Wiesbaden bin ich zusammen mit Janine Vinha Co-City-Lead. Desweiteren sind wir und Achim Sprengard als Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung die Vertreter von Volt.

Grün, rot, schwarz. Die Altparteien wirken uninspiriert. Wie wollt Ihr deren unzufriedene Wähler gewinnen?

Mit überzeugenden Ideen, so sind alle irgendwann mal angetreten und haben das sicher auch noch in sich, aber vielleicht fehlt der frische Wind, wenn man bedenkt, dass ich mit 33 und Rebekka, unsere Spitzenkandidatin, mit 32 Jahren bei uns schon zum „alten Eisen“ zählen, sieht man da klare Unterschiede.

Ziel der Spitzenkandidatin Rebekka Müller sind drei Prozent. Wenn Volt das schafft, würde das was bedeuten?

Wir werden pragmatisch und klar an die uns gestellten Aufgaben herangehen. Wenn wir noch mehr Zustimmung als in den Kommunalwahlen erhalten, dann freuen wir uns riesig darüber. Diese Freude ist vor allem ein Ansporn den Bürger*innenwillen  umzusetzen. Übrigens: Unser Ziel ist es in den Bundestag zu kommen. Die 3 Prozent sind unser erklärtes Zwischenziel, um in den Umfragen genannt zu werden.

Von welcher Partei erwartet Volt eine Wählerzuwanderung?

Von allen Seiten. Wir sind, denke ich, breit aufgestellt. Stellen die richtigen Fragen. Setzen uns da, wo wir sind, ein und bewegen die ersten Steine, die seit Jahren auf der immer gleichen Stelle lagen.

Viele sehen in Brüssel ein Bürokratiemonster. Nun will Volt aber weit mehr Europa. Ist das nicht der Holzweg?

Durch den Abbau bürokratischer Hürden über digitalisierte Prozesse werden wir die Zusammenarbeit stärken, denn gemeinsam ein starkes Europa schaffen, kann nie ein Holzweg sein.

Wie stellt Volt sich denn ein Europa vor?

Wir sagen, es braucht eine Europäische Republik, die die Bürger*innen über ihre Zukunft entscheiden lässt: ein vereintes Europa, in dem die Politik bürger*innennah, aus den Regionen heraus und in einem starken Europäischen Parlament, föderal und dezentral gestaltet wird, statt von den Spitzen der Nationalstaaten.

Manche haben mit der Pandemie einen regelrechten Digital-Kater bekommen. Wäre offline und Entschleunigung nicht das nettere Gesellschaftsmodell?

Eine schöne Frage. In der ganzen Pandemie war ich nicht ein Tag im Homeoffice. (schmunzelt)
Sicher, Entschleunigung und ein bisschen „abschalten“ tut doch allen gut.

Für was benötigt die breite Bevölkerung digitale Grundrechte oder eine  digitale Mündigkeit?

Die Digitalisierung nimmt in unseren Leben einen immer größer werdenden Stellenwert ein, daher sollten wir uns auch mit den Rechten und Pflichten im digitalen Raum auseinandersetzen und diese klar formulieren. „Deine Daten, dein Ding.“ – Wir brauchen einen digitalen Staat und eine Verwaltung, die funktioniert. Ein Europa, das digitale Technologien fördert und gleichzeitig unsere Daten schützt.

Was wäre durch das Entstehen eines europäische Facebook oder Google anders?

Nichts, solang wir nicht über die vorhergehende Frage entschieden haben. Wir sollten das Haus nicht mit Fenstern und Türen beginnen, sondern beim Fundament anfangen.

Wäre durch solche (mehr)staatlich betriebenen Plattformen nicht das finanzielle Desaster vorprogrammiert? Wie sollen diese sich finanzieren?

Meines Erachtens ist die Vernetzung miteinander ein Grundrecht und somit keine Kostenfrage, sondern eher eine soziale.

In Eurem Wirtschaftsprogramm steht neben Innovation, Klimaschutz auch soziale Gerechtigkeit. Aber nichts von hohen Energiekosten, höherer Steuerlast oder Stilllegung ganzer Industriezweige. Welche wären Eure realpolitisch radikalsten Forderungen?

Wir sind keine Partei, die sich radikale Forderungen auf die Fahne schreibt, aber ich denke unsere Reformvorschläge im Steuerbereich sind durchaus weitgehend. Um dem gesellschaftlichen Wandel in Form von Patchwork-Familien und individuellen Lebensentwürfen Rechnung zu tragen, wollen wir zum Beispiel die Erbschaftsteuer vom Verwandtschaftsgrad unabhängig machen. Außerdem wollen wir einen Lebensfreibetrag für alle Erbschaften und Schenkungen und eine Besteuerung in Anlehnung an die Steuersätze der Einkommensteuer einführen.
Durch die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen beteiligen wir große Vermögen am Steueraufkommen und wirken starken Vermögenskonzentrationen entgegen. Das Steueraufkommen wird sich dadurch schätzungsweise verdoppeln.
Außerdem arbeiten wir an dem Konzept einer negativen Einkommensteuer mit dem wir die Grundsicherung radikal komplett neu gestalten wollen.

Was meint Ihr genau mit: „technische Innovationen, die dem Klima Partner*in sind, ohne Arbeitsplätze zu gefährden und Effizienz einzubüßen.“ Das klingt doch sehr nach Rechtfertigungssprech klassischer Grünwähler oder 90er-Jahre CDU-Programm! Glaubt ihr ernsthaft, es wird bald ein Öko-SUV oder Bioplastik erfunden?

Schön, dass Sie es ansprechen. Es gibt tatsächlich schon als Dünger wiederverwendbares Bioplastik aus Abfällen. Tag für Tag wächst unser Erkenntnisgewinn in der Grundlagenforschung und wir müssen lediglich innovativ genug sein, diese Erkenntnisse international zu sammeln und im Zuge der Klimawende umzusetzen. Dies ist weniger Rechtfertigung als der Ansatz von Volt schlechthin: Das Vertrauen in ein vernetztes Europa.

Und beim SUV, egal ob „öko“ oder „nicht“, diese Dinger haben in meiner Vorstellung keinen Platz, ich bin Radfahrer. (lacht) Danke für das nette Interview.

 

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