Der Ruf der Kultur
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Nach der Sommerpause läuft die Spielzeit endlich wieder an. Die Programme stecken voller Energie und machen Lust auf Schauspiel und Musik. Die Pandemie hat gezeigt, wie sehr wir Kultur brauchen. Und die Theater brauchen uns.
von Julia Tischbirek
Staatstheater Mainz
Eine Diva, die für die Kunst lebt, und eine Realität, die kaum von der Illusion zu trennen ist. Das ist der Stoff der Oper Adriana Lecouvreur, die am 12. September Premiere feiert und eine Geschichte von Liebe und tödlicher Rache erzählt. Die Premiere von Schillers Trauerspiel Kabale und Liebe am 18. September erzählt eine klassische Geschichte: Ferdinand liebt Luise und Luise liebt Ferdinand, doch die Väter der beiden haben andere Pläne. Ganz anders geht es in William Shakespeares Der widerspenstigen Zähmung zu. Ab dem 7. Oktober kämpfen ein eigensinniges, heiratsunwilliges Mädchen und ihre sittsame Schwester mit ihrem Schicksal. Regisseurin Stephanie von Batum überträgt die frauenfeindliche Komödie in die heutige Zeit. Ab dem 25. September lädt das Staatstheater zu dem auch heute noch aktuellen Drama Glaube, Liebe, Hoffnung von Ödön von Horváth ein. In Promise wird Ballett auf einzigartige Weise mit Elektromusik kombiniert. Ab dem 28. November lassen einen die Tänzer*innen in Sharon Eyals Traumwelt eintauchen.
Staatstheater Wiesbaden
Am 19. September versetzt Verdis Oper Il Trovatore das Publikum in eine schaurige Stimmung. Die brisante Handlung rund um die Rache der Azucena passt zu Verdis Novum. Er arbeitete den Mezzosopran auf unerhörte Weise heraus und hielt sich kaum an die „ewigen Operngesetze“. In der Oper Tristan und Isolde treffen ab dem 7. November Tag- und Nachtwelt aufeinander. Beklemmend und voller Leidenschaft zeigt Wagner, wie auch er zwischen gegensätzlichen Welten wandelte. In Wuhan – die Verwandlung widmen sich Clemens Bechtel und Jan Neumann der Frage, wie Corona uns verändert hat und was uns davon in zehn Jahren bleibt. Die Uraufführung am 24. September nimmt die Herausforderung an, die aktuelle Krise mit Kunst zu verbinden. Oscar Wildes Bunbury hat am 3. Dezember Premiere. Das Stück widmet sich auf überspitzte, geistreiche Weise den Eigenarten der Oberschicht. Weihnachtsmärchen wird dieses Jahr das bezaubernde Stück Der kleine König Kalle Wirsch. Ein König, der in einem Gartenzwerg steckt, und eine Reise ins Reich der Erdvölker – zu Weihnachten darf man sich ab dem 14. November auf magische Momente freuen.
Unterhaus, Mainz
Am 15. September ist die Bühne frei für Matthias Jung, der sich mit viel Witz und Ironie an das abenteuerliche Thema Pubertät heranwagt. Sein Motto „So peinlich kommen wir nicht mehr zusammen“ steht für sich. Match Me If You Can eignet sich am 15. Oktober bestens für Singles, Paare und Paare, die wieder Singles werden wollen. Alexis Kara, Sandra Sprünken und Gilly Alfeo zeigen in der interaktiven Comedy-Show, wie Liebe wirklich funktioniert. Zu hören ist Miss Allie, eine junge Singer-Songwriterin mit Herz, am 7. November. Nicht umsonst hat sie schon zahlreiche Preise mit ihren authentischen, emotionalen Liedern eingesammelt. Neben „Aus Scheiße wird Gold“ oder „Dieter – das Regeltagebuch“ kann man sich auf zahlreiche musikalische Genussmomente freuen, die direkt aus dem Leben sprechen.
kuenstlerhaus43, Wiesbaden
Vom 5. bis 30. September lassen die Sommerfestspiele on Tour Wiesbaden mit einem vielfältigen Programm zum Leben erwachen. Fischer & Frau, das Musical als philosophisches, farbenfrohes Märchen erzählt am 5. September vom Dorschfischer Horst. Tango auf der Mole lockt am 11. September mit argentinischem Tanz. Das Feuer wird dabei von dem Akkordeon-Duo Annegret Cratz und Jörg Mehren angeheizt. Auch der Klassiker Leichenschmaus und Schwarze Katzen ist wieder mit im Programm. Ab dem 2. Oktober lädt das kuenstlerhaus43 zum schräg-skurrilen Dinner-Theater ein. In ganz anderer Atmosphäre entführt der Spätlesereiter ab dem 9. November an die Rhein- und Mainufer zur Zeit der französischen Revolution, wo regionale Anekdoten auf Napoleon und Fürst Metternich treffen.
Kammerspiele Wiesbaden
Achterbahn ist mit seinen scharf umrissenen Charakteren und dem feinfühligen Wortwitz eine typische französische Komödie. Die Rolle der Frau, die Identitätssuche und ein großes Liebesabenteuer kommen dabei nicht zu kurz. Das Stück von Eric Assous hatte bereits im August Premiere, ist im September aber weiter im Programm. Außerdem gibt es Krone der Schöpfung von und mit Katalyn Hühnerfeld zu bestaunen. Ihr Mix aus Comedy, Kabarett und Musik läuft ab dem 10. September. Die Botschaft: Es geht bei all dem Wahnsinn in der Welt vor allem darum, über sich selbst zu lachen. In Diese Nacht – oder nie entführt der französische Autor Laurent Ruqier im September und Oktober in die Welt der frechen Floristin Claudine. Die Tanzstunde von Mark St. Germain läuft ab dem 1. Oktober. Auch hier ist die Liebe mit im Spiel, indem sich zwei ungleiche Seelen auf anmutige Weise näherkommen.
Kammerspiele Mainz
Im Rahmen der jüdischen Kulturwochen gibt es Unterhaltung und tiefgründige Eindrücke an der frischen Luft. Ab dem 19. September steht das historische jüdische Viertel unter dem Motto „Nebenan – jüdische Mainzerinnen aus 7 Jahrhunderten“. Das 18-köpfige Theaterensemble versteht es, Gefühle in Szenen, Liedern und Texten auszudrücken und birgt ein ganz besonderes Sommertheatererlebnis. Für Kinder ab zwei Jahren läuft das Kinderstück Krümel und Stelze. Die gefühlvolle Geschichte über Freundschaft zwischen Groß und Klein wird ab dem 17. September gezeigt. Macht Reichtum glücklich? Nein zum Geld ist eine Komödie, an der man sich ab dem 7. Oktober erheitern kann. Kluge Gedanken zur Rolle des Geldes werden von Flavia Coste gekonnt mit Humor und Spannung verbunden.
Villa Musica Rheinland-Pfalz, Mainz
Am 5. September, dem Tag der Musik, geben im Landesmuseum Mainz zahlreiche Spitzenensembles Einblicke in die Welt der klassischen Musik. Das Trio Marvin lockt mit sehnsüchtigen Lauten von Robert Schubert und Maurice Ravels Klage auf den Beginn des zweiten Weltkrieges. Zudem läutet die russisch-deutsche Musikakademie mit Tschaikowskys „Die Jahreszeiten“ den Herbst ein. Am 9. Oktober besteht am Vormittag zunächst die Möglichkeit, das musikalische Wissen über Streichquartette zu vertiefen. Anschließend folgt ein Quartettabend mit Klängen aus Klassik, Romantik und Moderne. Am 6. November kommt die in New York lebende Violinistin Giora Schmidt nach Mainz und stellt in der Reihe „Jüdisches Rheinland-Pfalz“ Meister der jüdischen Musik vor.
Velvets Theater, Wiesbaden
Der kleine Prinz als das Kultstück des Velvets lässt einen ab dem 18. September in die berührende Philosophie von Antoine de Saint-Exupéry eintauchen. Die poetische Märchenerzählung blüht dabei in dem deutschlandweit einmaligen schwarzen Theater auf neue Weise auf. Neben einem abwechslungsreichen Programm an Eigenproduktionen, das unter anderem mit Heiße Zeiten ab dem 1. Oktober oder Momo ab dem 9. Oktober bestückt ist, lädt das Velvets Theater auch zu zahlreichen Gastspielen ein. So fehlt es am 31. Oktober mit Udo Jürgens unvergessen nicht an gewichtigen Evergreens und gewitzten Anekdoten.
Theater im Pariser Hof, Wiesbaden
Mit Thomas Reis‘ scharfsinnigem Kabarett Mit Abstand das Beste startet am 3. September die Spielzeitsaison, wobei Reis seinem Publikum einen wichtigen Punkt klar macht: Man sollte sich von der Corona-Krise nicht den Humor nehmen lassen. Auch verspricht Inka Meyer am 24. September mit Zurück in die Zugluft durch das Chaos der Moderne zu führen. Eher nostalgisch zeigt sich am 10. Oktober die Motown-Oldie Show mit Pamela O´Neal and the Kings of Soul.
The English Theatre, Frankfurt
Der psychologische Thriller The girl on the train sorgt ab dem 3. September für Spannung. Die deutsche Premiere steckt voller raffinierter Wendungen und entführt in eine Welt, in der jegliche Glaubwürdigkeit zu hinterfragen ist. Ab dem 20. November geht es um die Welt von Transsilvanien. Young Frankenstein, inszeniert als Musicalkomödie, verfeinert die Horrorgeschichte mit einer originellen, energiegeladenen Note.