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Mainz

Neuer Virus, neuer Wahlkampf

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Der Wahlkampf in Zeiten von Corona sieht naturgemäß etwas anders aus. Wieso uns Malu Dreyer an die Kanzlerin erinnert und wer eigentlich Christian Baldauf ist, lest Ihr hier.

Von Luca Bartolotta

Mehr Wahlplakate als bei den letzten Wahlen, dafür keine Infostände in der Innenstadt. Der klassische Straßenwahlkampf für die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz fällt dieses Jahr Corona-bedingt aus. Statt am Hauptbahnhof Kugelschreiber zu verteilen, müssen andere Wege gegangen werden, um die Kandidat*innen der Parteien ins rechte, beziehungsweise linke Licht zu rücken. Eine gute Möglichkeit bietet da das Internet. Wahlwerbespots sollen die Wähler*innen überzeugen, ihre zwei Kreuze am 14. März an der richtigen Stelle zu setzen. Und diese Spots können manchmal interessanter sein, als die eigentlichen Wahlkampfversprechen – Bildsprache und Eigendarstellung sagen, gewollt oder ungewollt, viel über die Kandidat*innen aus.

Aber kurz zurück zu den Plakaten in der Stadt: Diese zieren in Mainz vor allem zwei Gesichter: Die amtierende Ministerpräsidentin Malu Dreyer, SPD, und Christian Baldauf, lächelnd neben dem CDU-Logo. Malu Dreyer sollte inzwischen bekannt sein, die Bildunterschrift auf dem Plakat suggeriert es: „Wir mit ihr“ steht dort. Doch wer ist eigentlich Christian Baldauf, dem man in Mainz seit Wochen auf dem Weg zum Einkauf begegnet?

Nach wiederholtem Konsum seiner Werbespots ist klar: Er ist sehr häufig am Telefon, sportlich überaus aktiv und außerdem Spitzenkandidat der CDU in RLP. Sein Auftreten entspricht diesem Posten. Wenn er nicht gerade mit seiner Familie beim Eis essen gezeigt wird, schlendert er im Anzug telefonierend durch eine Schule und verspricht endlich flächendeckend Overhead-Projektoren zu finanzieren – oder so ähnlich. Baldauf gibt sich kämpferisch, betitelt die momentane Bildungspolitik als „Bildungschaos“ und verspricht dieses zu beenden. Baldauf präsentiert sich in Macher-Manier, ganz getreu dem Wahlslogan der CDU-RLP: „Wir machen das“.

Dreyer hingegen betont die bereits geleisteten Anstrengungen für das Land und setzt auf Kontinuität. Häufig im Gespräch mit den Menschen, erinnert ihr Auftreten schon fast an vergangene Merkel-Jahre. Ein bisschen greift der Wahlslogan der SPD „Wir mit ihr“ so sogar auf das berühmte „Sie kennen mich“ der Bundeskanzlerin zurück. Ob beabsichtigt oder nicht: Merkel ist auch im Wahlwerbespot kurz im Gespräch mit Dreyer zu sehen. Wahlwerbung der SPD mit der CDU-Kanzlerin? Egal, wird schon niemand so genau hinschauen.

Personenkult in der Politik ist so eine Sache. Man denke nur an den sogenannten „Martin Schulz-Zug“, der 2017 voller Zuversicht nach Berlin fuhr und seine Reise mit dem schlechtesten Nachkriegswahlergebnis der SPD beendete. Ebenfalls von der SPD, sollte Malu Dreyer also wissen, wie man Umfragewerte innerhalb kürzester Zeit gegen die Wand fährt. Doch irgendetwas macht sie anders als ihre sozialdemokratischen Kolleg*innen in Berlin. Geht man nach momentanen Umfragewerten, wird die SPD in Rheinland-Pfalz zwar demnächst zum ersten Mal seit knapp 30 Jahren nicht mehr stärkste Kraft im Landtag, schuld daran ist aber nicht Dreyer. Ihre Beliebtheitswerte sind ausgezeichnet, laut einer Studie von Infratest dimap wollen sie mehr als 50% der Rheinland-Pfälzer*innen als Ministerpräsidentin behalten.

Christian Baldauf kann von solchen Werten nur träumen. Gerade mal 18% der Wähler*innen wollen den fitten Frankenthaler in das Ministerpräsidentenamt nach Mainz schicken. Nach einer Umfrage von Infratest dimap im September 2020 erfreute sich Dreyer sogar innerhalb der CDU-Wählerschaft einer größeren Beliebtheit als Baldauf. Ein kleiner Skandal. Bei einer imaginierten Direktwahl des Ministerpräsidentenamts wollten ganze 49% der CDU-Wähler*innen ihre Stimme an Dreyer geben, dem eigenen CDU-Mann gönnten es nur 35%. Ein deutliches Warnsignal der Bürger*innen á la „Wir kennen Sie nicht“. Und dennoch liegt die CDU in Umfragewerten vor der schwächelnden SPD. Nicht zuletzt könnte hierfür der bundesweite Negativ-Trend der Sozialdemokraten verantwortlich sein. Ob die Beliebtheitswerte von Dreyer ausreichen, um das Ruder noch einmal rumzureißen, wird sich am Wahlsonntag zeigen.

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