Tierischer Protest
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Alpakas können alles. Sie sind süß, flauschig und spenden warme Wolle. Auch politischen Aktivismus können sie: Das Label Alpakas gegen Nazis – zugegeben eine menschliche Erfindung – erobert gerade Straßenlaternen und das Netz.
Von Jonas Julino
Alpakas gelten als ruhige Zeitgenossen. In der Regel kraxeln sie in den südamerikanischen Anden umher, leben dort ihren veganen. Die gutmütigen Herdentiere kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Fressfeinde sucht man in der kargen Höhenlandschaft, bis auf den Puma, vergebens. Die harmoniebedürftigen Alpakas, auch Pakos genannt, zetteln auch untereinander selten Streit an. Kommt es doch zu Auseinandersetzungen zwischen den Mini- Kamelen ohne Höcke(r) oder wird’s ihnen zu blöd, spucken sie ihr Gegenüber an. Was in den Anden Pumas und aufmüpfige Artgenossen sind, sind hierzulande rechte Hetzer*innen oder Rassist*innen. Feinde also des friedlichen Miteinanders. In Kontakt mit derartigen Störenfrieden kommen die Südamerikaner durch ihre Migration in andere Teile der Welt. Dort werden sie als Therapietiere gehalten, auch Alpakatouren finden großen Anklang und machen Alpakas zum absoluten In-Tier.
Hakenkreuzspuckendes Alpaka
Auch der Wahlberliner Christian Heinemann stieß während einer Alpakatour in Israel auf die Tiere: „Wir besuchten dort einen Kumpel in einem kleinen Dorf. In diesem Ort gab es aber echt nichts. Außer eine Alpakafarm. Aus Mangel an Alternativen entschieden wir uns dann dazu, eine Tour mit den Tieren zu machen. Das war großartig. Kann ich nur empfehlen.“ Zurück in Deutschland ließen ihn die Alpakas nicht los. Auch eine Freundin, Kristine Ringe, war angetan von den Pakos. Gemeinsam philosophierten und witzelten sie was die Alpakas alles können und kamen auf das Ergebnis: Alles. Auch gegen Nazis sein. Kurzerhand machte sich Kristine ans Werk und bastelte einen Entwurf auf Photoshop. Der Protest made in Südamerika war geboren und auch das hakenkreuzspukende Alpaka. Freunden gefiel das Motiv so gut, dass die beiden die erste Ladung Sticker druckten: „Die ersten 200 Sticker waren schnell vergriffen. Die Resonanz war riesig. Dann kam die Idee auf, das Motiv auf T-Shirts zu drucken.“ Gesagt getan, kurze Zeit später waren Christan und Kristine Gründer*innen von Alpakas gegen Nazis und das Label ging viral.
Antifa-Alpaka kaufen, für den guten Zweck spenden
„Da kommen natürlich Kosten auf dich zu. Anfangs wollten wir die Sachen nur zum Unkostenbeitrag verkaufen, entschieden uns dann aber dafür Spenden mit den Artikeln zu sammeln“, erzählt Christian. Das kommt auch in der Promiwelt gut an. Künstler wie Casper, Marteria und Clueso wurden auf das Label aufmerksam und posieren mit dem antifaschistischen Alpaka. So tragen sie den gewaltfreien Protest gegen Hetze und Rassismus in die Internet-Welt hinaus, auf den Straßen sieht man die Sticker häufiger an Straßenlaternen und Stromkästen. Vor rund zwei Jahren ging der Onlineshop Antifa Alpaka Apparel an den Start und tut seitdem Gutes. Bis heute konnten so schon über 8.000 Euro für gute Zwecke gesammelt werden. Selbst verdienen die Gründer*innen an den Produkten nichts. Nach Abzug der Kosten kommt das gesamte Geld verschiedenen Organisationen zugute: „Wir unterstützen unter anderem Aussteigerprogramme wie Exit oder die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch.“ In Hamburg, dort wo die Idee vor zwei Jahren entstand, spenden sie außerdem warme Mützen an obdachlose Menschen. Beim Kauf einer Charity-Mütze im Shop wird eine weitere an Menschen verteilt, die jetzt im Winter dringend eine benötigen.
Gewaltfrei gegen rechte Hetze
Der politische Aktivismus in verschiedenen Formen ist den Gründer*innen wichtig. Kristine engagiert sich bei Viva con Agua, Christian bei Sea-Watch. Mit Alpakas gegen Nazis möchten sie anderen Menschen zeigen, dass auch sie etwas bewegen können. Der 27-jährige betont: „Dazu brauchst du kein Geld. Leidenschaft reicht aus, eine Idee umzusetzen.“ Beiden ist außerdem wichtig, ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen: „Wir möchten den Protest gewaltfrei rüberbringen.“ So ist aus einer Faust, die ein Hakenkreuz zerschlägt, ein friedliches Alpaka geworden. Ein anderes Motiv zeigt ein Alpaka, das mit Huf einen Molotov-Cocktail festhält. Das soll trotz antifaschistischem Protest die Niederlegung der Waffe symbolisieren. Ohnehin dürfte es schwierig für den Paarhufer sein, eine brennende Glasflasche zu werfen. Macht aber nichts, dafür können sie ja rechte Symbole ausspucken und gegen Nazis sein. Für die Macher*innen von Alpakas gegen Nazis sind das Menschen, „die mit ihrer Gesinnung bewusst anderen Menschen schaden wollen, die beispielsweise verhindern, dass auf dem Mittelmeer Menschen in Not gerettet werden oder die politisch motivierte Attentate durchführen.“
WTF
Onlineshop: antifaalpakaapparel.bigcartel.com
Instagram: instagram.com/antifa.alpaka.apparel