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Gesellschaft

Geh doch zu Momo … Teil 2

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Oder: Was hat Momo mit Mediation zu tun? Über die erstaunlichen Möglichkeiten, Konflikte im Miteinander zu lösen, wenn denen, die in sie verstrickt sind, respektvoll begegnet wird – und nicht selten nach einem Perspektivwechsel.

von Marc Bracht

Was ist das mit diesem Perspektivwechsel? Na, ganz einfach: den Blickwinkel wechseln, den der anderen Seite einnehmen, Dinge aus der Sicht der anderen Seite betrachten wollen und zwar im und mit Interesse, die andere Seite zu verstehen und sich einzufühlen – ganz einfach also. Wenn dies dann, obwohl es ja ganz einfach ist, doch nicht gelingen will, lohnt es sich jemanden wie Momo zu haben. Denn wenn Momo zuhört, ist Erstaunliches möglich. Klar, dass so ein Perspektivwechsel häufig auch den Wendepunkt in einer Mediation markiert – raus aus der Spirale der Eskalation hin zu einer Lichtung im Konfliktdickicht und zu einer neuen Orientierung, was künftig für Interessen beachtet, was für Wege gemeinsam eingeschlagen sein sollen.

wenn Grundsätze drücken

In einer Episode wird der heftige Streit zwischen den Eheleuten Liliana und Nino erzählt und schnell wird klar: es geht ums Ganze. Es war so: Nino wollte aus seinem Restaurant mehr machen, insbesondere mit Blick auf die Umsätze, und fühlt sich dabei von Geldsorgen, Zukunftsängsten getrieben. Also vergraulte Nino alte Stammgäste, die sich den ganzen Abend mit nur einem einzigen Glas billigem Rotwein begnügten. Unter den Weintrinkern war auch Lilianas Onkel Ettore. Deshalb wirft ihm seine Frau vor, er lasse Herzlosigkeit in das Familienleben einziehen. Ettore war zwar ausdrücklich von der Verabschiedung ausgenommen. Doch der wollte ohne seine alten Freunde, wie zu erwarten war, nicht bleiben. Und wie es so ist: Streitwellen schaukeln sich hoch, Worte, die besser vor Anker bleiben, verlassen ihren hitzigen Hafen.
In dieser Situation kommt Momo zu Besuch – wie gerufen. Schon aus einiger Entfernung hört sie die beiden streiten. Und sie hört noch etwas: Auch das Baby der beiden schreit. Kein Wunder – das Baby spürt, dass etwas nicht stimmt. Die Spannung zwischen den Eltern betrifft es unmittelbar. Momo kommt also dazu und wird von den Streitenden zunächst gar nicht wahrgenommen. Zu sehr sind die beiden mit sich selbst und mit ihrem Konflikt beschäftigt.

Wenn Schutz gefragt ist

Und was macht Momo mit diesem Streit? Zunächst einmal nichts – wirklich nichts? Momo kümmert sich um das naheliegende, nämlich um das Baby, nimmt es auf den Arm, tröstet, beruhigt und gewährt Schutz.
Das Schreien des Kindes spiegelt natürlich die emotionale Schieflage der Streitenden. Diese emotionale Störung beim in Mitleidenschaft gezogenen Kind behandelt Momo zunächst – ein Vorgehen so selbstverständlich wie die Welt und wie aus dem Lehrbuch für Konfliktbearbeitung. Das Schreien des Kindes hört auf. Es entsteht eine Pause. Dies bleibt auch den Eltern nicht verborgen, sie verhalten kurz und dann hört Momo die jeweilige Sicht auf den Konflikt. Die Wurzel des Konflikts ist grundsätzlicher Natur. Allein die Klärung reicht nicht aus um ihn beizulegen.

Wenn es um alles geht

Es stehen sich Lilianas und Ninos Vorstellungen darüber gegenüber, was für die Familie von vorrangiger Bedeutung ist – der herzliche Zusammenhalt einerseits und das gesicherte Einkommen andererseits. Wem Momo zuhört gelingt auch Perspektivwechsel.
Beide bekommen die Sicht des Gegenübers mit, Gefühle und Interessen inklusive. Beide werden sich auch klar über die absehbaren Konsequenzen eines fortgesetzten Konflikts. Liliana erkennt, dass Nino im Sinne der Familie zu handeln meint, wenn er das Geschäft über anderes stellt. Nino erkennt, dass für Liliana eine Familie ohne Herzlichkeit keine Zukunft hat, eine Trennung im Raum steht.
In der Folge können beide ihren Kurs gemeinsam neu bestimmen, ihre Gefühle in Einklang bringen und ihren Streit überwinden. Liliana beruhigt Ninos finanzielle Sorge solidarisch; ebenso berücksichtigt Nino Lilianas Familiensinn und holt die Weintrinker zurück. Beide haben Familie im Sinn und das ist ihre Basis. So ist ein gemeinsamer Blick auf die gewünschte Zukunft für beide erkennbar und in beider Interesse.
Nach dem gelungenen Perspektivwechsel ist der Wendepunkt im Konflikt regelmäßig auch in einer Mediation erreicht und die Planung, wie es weitergehen soll, erfolgt im Miteinander.

Wenn Mediation interessiert

Neben Perspektivwechsel können im Mediationsverfahren noch andere Register gezogen werden: zum Beispiel Umdeutung – mehr davon in der nächsten STUZ oder im Gespräch mit Marc Bracht, zertifizierter Mediator, am Telefon montags und donnerstags von 15 bis 17 Uhr unter 0179 – 721 42 45 oder am Montag, den 17. Juni von 17 bis 19 Uhr im anything but coffee, Boppstraße 7.

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