Stoppt das Radeln in Wiesbaden
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Wiesbaden ist eine der letzten Oasen des innerstädtischen Autoverkehrs. Hier gilt es noch als gute Sitte Radfahrer zu schneiden, Fußgänger weg zu hupen und überhaupt jeden Weg mit dem Auto zu fahren. Tradition verpflichtet, daher hier der STUZ-Appell, die Stadtverantwortlichen Wiesbadens in ihren Bemühungen nichts zu ändern, zu unterstützen!
Von Michael Süss
Für viele ist das Fahrrad noch ein Verkehrsmittel herkömmlicher Art. Vielleicht um unkompliziert von A nach B zu kommen? „Das ist totaler Quatsch“, dachten sich hier die traditionsbewussten Wiesbadener Stadtväter und ließen das einfach nicht zu! Dank intensiven Nichthandelns hat sich Radfahren in Wiesbaden inzwischen als Survival-Sportart etabliert. Seit kurzem bietet hier sogar Jochen Schweitzer („Du bist was du erlebst“) Extrem-Radtouren vom Sedanplatz zum Hauptbahnhof für 69 Euro an. Inzwischen hat die Stadt den Imagewert ihres Tatenlosdranges erkannt und landet zielsicher auf dem letzten Platz im Ranking deutscher Großstädte in Bezug aufs Rad. Der Platz in den Medien und unbezahlbare Gratiswerbung ist sicher!
Um in diesem Ranking den schwer zu verteidigenden letzten Platz zu halten wurden Teile der Stadt bereits mit sogenannten Umweltspuren ausgestattet. Dieser leichte Euphemismus (Busspur ist quasi Radspur) erhöht den Thrill ungemein. So nimmt man es jetzt nicht mehr mit läppischen Autofahrern auf sondern sorgt für den perfekten Interessenclash, indem man Busfahrer auf die Radler hetzt. Die einen hecheln dem Fahrplan hinterher, die anderen hecheln halt, weil sie das Mindesttempo halten müssen um nicht überrollt zu werden. Zu den Jägern im Bus gesellen sich noch die Taxis und vielleicht bald auch die E-Autos, die den Rest dieser Plage auf zwei Rädern erledigen beziehungsweise erlegen werden.
Hilf Deiner Stadt Dir nicht zu helfen!
Wir wissen um die vereinzelten Leser die heimlich die Autoindustrie sabotieren, die Technikfeinde, die BSP-Verweigerer, diejenigen die nicht im übersteigerten Egomobil Platz nehmen, Menschen die einfach kein SUV im Leben haben. Die Verlierer die uns bremsen, die schwachen Kolben im Zylinder, die untermotorisierten Evolutionverweigerer, die Opfer! Unser gemeinsames Interesse muss sein, diesen Menschen kein Forum zu geben, Ihre Anliegen zu verlachen und ihre heimtückischen Vorhaben zu entblößen. Um die aufkommenden Zweiradplage bereits im Keim zu ersticken bedarf es auch der aktiven Mitarbeit der Medien, aller Verantwortlichen und natürlich auch der Bevölkerung. Hier möchten wir unseren zahlreichen Lesern danken die uns in Leserbriefen immer wieder auf Vermeidungsstrategien hinweisen.
Es gibt Anarchisten die behaupten, man könne die breit angelegten Wege zwischen den Fahrbahnen nutzen um dort Radverkehr zu etablieren. Quatsch, Wahnsinn, irre denn da müssen Hunde Gassi gehen, denn Hunde zahlen Steuern, Radfahrer nicht.
Gott sei Dank hat die Stadt Wiesbaden hier, mitten auf den Wegen, riesige Werbetafeln platziert auf denen städtische Unternehmen, die öffentlichen Nahverkehr meiden, für mehr Konsum werben. Das bedeutet Einnahmen für die Stadtkasse und die Verhinderung von Verkehrkollapsen auf den Radwegen! Der doppelte Schutz mit knöchelhohen Absperrungen sorgt zudem glücklicherweise dafür, dass Radfahrer die es wagen würden da lang zu fahren gnadenlos auf die Fresse fliegen, sich alle Zähne ausschlagen und dann hoffentlich geheilt sind von ihrem verwegenen Tun.
Eine schier unüberwindbare Barrikade stellt diese Kreuzung (1.Ring/Ringkirche/Rheinstraße) dar. Noch, Allah sei gepriesen, aber, verdammte Hacke, was aber wenn …! Stellt euch vor, hier würden verblendete Stadtmütter die Idee vertreten rund um die Ringkirche eine verkehrsberuhigte Zone einzurichten. Sie würden die Kreuzung durch Reduzierung der Abbiegemöglichkeiten, durch Erhöhung der Fahrbahn (als Radwegedamm) den Autoverkehr entschleunigen. Diese Egoisten auf zwei Rädern würden durch ähnliche Regelungen, vielleicht sogar mit einer angepassten Ampelschaltung; bis zum Hauptbahnhof radeln. Letztlich käme man sogar auf die Idee, den Umbau so zu gestalten, dass Radler ohne Angst und ohne Probleme an der Ringkirche in die Rheinstraße einbiegen würden um den dortigen „Alleenstreifen“ zu nutzen. Und ganz schlimm, das wäre erst der Anfang vom Ende der Verhinderung von adäquaten Radwegen.
Individualverkehr Rules! Würde jeder Bürger Wiesbadens 10 Kilometer ersatzweise am Tag auf dem Rad zurücklegen würden täglich 2,75 Millionen Kilometer Autoverkehr wegfallen. Der volkswirtschaftliche Schaden wäre immens! Täglich müssten rund 15 Autos weniger produziert werden (im Jahr 5.475 Autos) Zudem könnten wir nicht über 500 Tonnen CO2 täglich (180.000 Tonnen jährlich) in die städtische Atmosphäre blasen. Bäume aber benötigen CO2! Wollen wir wirklich unsere Bäume töten indem wir den CO2-Ausstoß dermaßen reduzieren? Und all dies weil sich diese Spar-Hedonisten und 2-Rad-Ikalen aus der Volksgemeinschaft der Konsumisten ausschließen wollen? Glücklicherweise weist die Stadt ohne große Planfeststellung Autoparkplätze für die Zukunft der Mobilität aus, den Teslas und BMWs mit 500 PS, die uns bald die Stromleitungen leersaugen. Gut dass die über den Abbau von seltenen Erden bis hin zur Verfeuerung von fossilen Energieträgern eine Weile auf hohem Niveau beim CO2 Ausstoß halten. Dank Cheflobbies und Verordnungsdschungel ist hier auch das Wiesbadener Verkehrsdezernat unter grüner Führung bereit keine Fahrradparkplätze zur Verfügung zu stellen. Wo kämen wir hin? Schleppt eure Drahtesel gefälligste in den vierten Stock!