Mit Rad und Stock zum Deutschen Meister
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Die deutschen Radpolo-Meisterinnen kommen aus Mainz-Kostheim: Unter Trainer Axel Bernais holten Vanessa Mauckner und Nina Roth den Pott an den Mainz. Wir werfen einen Blick auf diese exotische Sportart.
Von Tobias Christian Mayer
In der Kostheimer Turnhalle quietschen die Reifen vorbeirauschender Spezialfahrräder. Mal rückwärts, mal vorwärts und „wusch“, schlägt der Stock (ein Schläger) den Ball ins Tor. Die gerade frisch gebackenen Deutschen Meisterinnen im Radpolo trainieren mehrmals die Woche. Vanessa Mauckner (23) studiert Werkstofftechnologie an der Fachhochschule Nürnberg und Nina Roth (20) studiert Geografie an der Uni Mainz. Für beide ist es ein leidenschaftliches Hobby. Da sie 250 Kilometer auseinander wohnen, trainieren sie jeweils in separaten Mannschaften. Nur für die Meisterschaften kommen sie zum Intensivtraining in Kostheim zusammen. Erst seit drei Jahren sind Vanessa und Nina ein Team. Gemeinsam kämpften sie sich von der zweiten in die erste Liga, qualifizierten sich 2017 für die deutsche Meisterschaft und belegten den fünften Platz. In diesem Sommer qualifizierten sie sich erneut für die Deutschen Meisterschaften im Hallenradsport, die Mitte Oktober in Aalen-Neresheim nähe Schwäbisch Gmünd stattfanden. „Keiner von uns hat das wirklich erwartet, dass wir den Titel holen. Wir waren während den entscheidenden Spielen einfach hochkonzentriert und hatten eine gute Tagesform“, meint Nina. Gemeinsam konnte sich die das Duo vom Radsportverein Kostheim mit einer überwiegend souveränen Leistung ins Finalspiel gegen den Tollwitzer RSV kämpfen. Sie gewannen mit 7:5.
Ein schnelles Spiel
Radpolo ist ein Hallenradsport, der in der deutschen Radball-Elite nur von Frauen gespielt wird. Ein Team besteht aus zwei Spielerinnen. Gespielt wird mit einem Spezialfahrrad, einem hammerartigen Stock und einem mit Rosshaar gefüllten Ball. Die Spielfläche beträgt 11×14 Meter. Sie ist mit einer Bande umgrenzt und hat auf jeder Seite zwei Tore mit je zwei Metern Breite. Hier wird wahlweise die Position einer Torfrau oder einer Feldspielerin eingenommen. Die Spielerinnen sitzen auf dem Rad, mit dem sie sich sowohl vorwärts als auch rückwärts bewegen können. Dabei dürfen sie den Boden mit dem Körper nicht berühren. Durch Bodenberührung verliert die Spielerin ihre Spielberechtigung. Um wieder ins Spielgeschehen eingreifen zu dürfen, muss sie hinter ihre verlängerte Torauslinie und diese außerhalb des Strafraumes überfahren, danach ist sie wieder spielberechtigt. Die angreifende Mannschaft versucht die gegnerische Abwehrspielerin auszuspielen, um eine gute Schussposition zu erhalten und ein Tor zu erzielen. Der Strafraum – der mit einer durchgezogenen Linie von zwei Metern Radius gekennzeichnete Halbkreis vor dem Tor – wird von der Torfrau verteidigt, sie darf zur Ballabwehr die Hände benutzen. Bei Vergehen im eigenen Strafraum wird ein Vier-Meter-Strafstoß verhängt. Dieser Strafraum darf von der angreifenden Mannschaft nicht befahren werden. Mit dem Stock darf dieser Raum von allen Spielerinnen genutzt werden, um ein Tor zu erzielen oder abzuwehren. Die Spielzeit beträgt bei der Elite zwei mal sieben Minuten mit einer Halbzeitpause von maximal zwei Minuten. Vanessa erklärt wie es zum Sieg kam: „In kurzer Zeit muss man alles geben. Wir haben großen Wert auf die Abwehr gelegt und gemeinsam mit unserem Trainer Axel Bernais stets strategisch gearbeitet. Zum Beispiel, wie man gegnerische Schüsse, die durch das Radlager gefeuert werden können, gut abwehren kann und sofort in ein Tor verwandelt. So etwas wird vorher trainiert. Radpolo macht riesig Spaß und ist eine relativ unbekannte Sportart. Ich wünschte mir, es würden sich mehr junge Leute für Radsport begeistern.“
Auch Trainer Axel Bernais ist stolz auf Nina und Vanessa. „Sie haben alles, was wir trainiert haben, im Finalspiel perfekt umgesetzt. Das ist eine großartige Leistung und wurde zurecht mit dem deutschen Meistertitel belohnt.“ Aber auch Bernais hat maßgeblich zum Sieg beigetragen. Schließlich war auch er schon deutscher Radballmeister und konnte aus seinen Erfahrungen schöpfen.
Wer sich für den Radsport interessiert, darf sich gerne mit dem RSV Kostheim in Verbindung setzen. www.rsvkostheim.de